Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Freitag, 29. April 2011

Mangelnde (Selbst-)Achtung

Immer wieder erleben wir und erzählen Beispiele davon, dass es gegenüber dem Christlichen und insbesondere dem Katholischen einen generellen Mangel an Achtung zu verzeichnen gibt.

Ich frage mich allerdings auch, wieviel davon möglicherweise selbst geradezu erarbeitet worden ist. Da ich katholisch bin, kann ich hier nur von der katholischen Seite sprechen.
Und ich meine hier nicht die Dinge, die gerne aus vergangenen Jahrhunderten (und oft auch in Varianten, die mehr Mythen als Wahrheit sind) angeführt werden, um alles Christliche/Katholische von vornherein in Bausch und Bogen verdammen zu können. Ich meine viel einfachere Dinge. Die Art, wie wir selbst mit dem umgehen, was wir für heilig halten. Was uns tatsächlich heilig ist.

Am meisten fällt mir das Muster bei der älteren Generation auf. Bekannte, von denen ich weiß, dass sie zutiefst fromm und gläubig sind. Aber sobald sie nicht mehr mit dem Herrn allein sind sondern andere dabei sind, haben sie den Drang zu zeigen, dass sie eigentlich auch "ganz normal" und "irgendwie cool" sind. Dann wird mit "kritischen Fragen" brilliert. Da wird ganz lässig mit Sakramenten und Sakramentalien umgegangen. usw. usw.

Spricht man die Betreffenden darauf an, sind sie ganz erstaunt und erzählen, wie ihnen doch schon damals vor 40 Jahren unterstellt worden sei, dass sie immer die Superfrommen sind. Und verstehen gar nicht, dass sie so etwas tun sollten, was im Grunde der Frömmigkeit anderer sehr abträglich ist.

Aber ich kann auch gleich bei mir anfangen. Ich bin ja in so einer Atmosphäre aufgewachsen und hatte die voll absorbiert. Es brauchte ein paar Nicht-Christen, die mir klar gemacht haben, dass da etwas nicht stimmt bei mir.

Das erste Mal war bei einer Kommilitonin. Wir hatten dort ein Treffen wegen einer gemeinsamen Arbeit. Irgendwann wollten wir ein Würfelspiel machen und einer der Studenten (katholisch) griff sich das nächstbeste Buch (eine Bibel) als Unterlage für den Würfelbecher. Woraufhin die Gastgeberin ihm die Bibel wegnahm und erklärte: "Wir sind freireligiös. Aber meine Eltern haben mir beigebracht, dass man ein Buch wie die Bibel nicht durch so etwas missachten soll. Das gehört sich nicht."

Ich hatte keine Ahnung, was freireligiös bedeutet.  Ich dachte nur etwas beschämt, das ich dafür zu feige gewesen war, ja, noch nie einen Gedanken daran verschwendet hatte, dass man eine Bibel nicht wie ein anderes Buch behandeln könne.

Das nächste Mal stieß es mir ein paar Jahr später auf. Ich erfuhr, dass Muslime es als Blasphemie betrachten, den Koran auf den Boden zu legen. Nicht zu werfen. Nein, es ging um den Kontakt mit dem Boden per se.

Nr. 3 kam dann vom Zen-Buddhismus. Im Karate. Wenn der Sensei (Lehrer) jemanden zusammenstauchte wegen Verhaltens, das eines Dojos (Übungsraum) nicht würdig war.
Und mir ging nicht mehr aus dem Kopf, wie sich die meisten Katholiken inzwischen in einer Kirche verhalten. Wie ich mich manchmal rechtfertigen musste, manchmal glaubte, rechtfertigen zu müssen, wenn ich dabei nicht mitmachte. Wie ich sorgfältig immer alles gemieden hatte, was zu "fromm" aussehen könnte. Wie ich ständig auch hatte zeigen wollen, dass ich keiner von den "altmodischen", "unmodernen", "weltfremden" und irgendwie peinlichen Leuten war, über die sich doch alle mit Recht mokierten. Keiner von denen, die "Äußerlichkeiten überbewerten", wenn es doch auf die Einstellung ankam.

Seit dem Karate war ich kein Feigling mehr. Seit den Muslimen und den Freireligiösen behandle ich heilige Gegenstände nicht mehr wie nicht-heilige.
Aber es hat all diese Leute gebraucht, damit ich überhaupt sehe, was ich getan habe. Und die einzigen, denen es aufstößt, sind die vielen "mit-den-Äußerlichkeiten-sollte-man-ganz-vorsichtig-dosieren-Katholiken".

Wir sollten uns jedoch nicht wundern, wenn Nicht-Gläubige alles Katholische verächtlich und missachtend behandeln, wenn die Katholiken es ihnen dauernd vormachen.

Wer kritisiert denn dauernd am lautesten in der Öffentlichkeit den Papst. Wer benimmt sich denn in den Kirchen so, dass die unglücklichen Beispiele gesetzt werden?

Wir haben da ein sehr großes inneres Problem, das wir nicht werden lösen können, wenn nicht viele - und hoffentlich auch viele Geistliche - da endlich mal mit gutem Beispiel voran gehen.

Donnerstag, 28. April 2011

Kelchtücher

Bis vor kurzem lebte ich noch in der Illusion, benutzte Kelchtücher würden tatsächlich sorgsam getrennt gewaschen. Wohl weil das bei uns noch Usus ist. Und dann hörte ich, dass so jemand der das auch noch bis vor kurzem gemacht hat, sie bei dem Altenheim, wo er tätig ist mit in die allgemeine Wäsche gibt.

Das fand ich schon irgendwie erschütternd, konnte aber nicht genau artikulieren warum. Ich habe darum darüber nachgedacht und kam zu folgender Meinung: Es liegt darin, dass man Blut nicht einfach aus etwas herauswaschen kann. Die Polizei nutzt das ja oft bei forensischen Untersuchungen, dass Blutspuren auch durch Reinigungsmittel so gut wie nicht zu tilgen sind. Es sitzt im Gewebe und geht kaum heraus.
Nun ist der gewandelte Wein zwar physikalisch und chemisch gesehen immer noch Wein, aber eigentlich ist das, mit dem die Kelchtücher in Berührung kommen das Blut Christi. Und das lässt sich nicht einfach herauswaschen. Darum sollte man entsprechend mit ihnen umgehen.

Bei uns ist es ja sehr selten geworden, dass wir überhaupt das Blut Christi empfangen können, während das ursprünglich nicht so war. Darum hat sich der Fokus sehr stark auf den Leib Christi gerichtet. Aber Leib und Blut sind nicht einfach ein Äquivalent sondern haben eine unterschiedliche Bedeutung und zwar ganz so, wie es ja auch bei der Wandlung gebetet wird: der Leib Christi wird hingegeben in den Tod, das Blut - in dem nach hebräischem Verständnis das Leben ist - wird vergossen für die Vergebung der Sünden.

Und es passt einfach nicht den Kaufpreis der Erlösung dann in einen x-beliebigen Stapel mit Schmutzwäsche zu legen.

Blümchen 2

Ostermontag. Gottesdienst in einem Altenheim. Aus planungstechnischen Gründen (der Ablauf im Altenheim) gab es dort auch keine Feier der Osternacht und am Ostersonntag war der Gottesdienst im anderen Altenheim vor Ort. (Übrigens konnte in keinem der Altenheime der Gottesdienst am Karfreitag um 15 Uhr stattfinden, denn um 15 Uhr wird feiertags der Kaffee serviert und es ist dem Personal absolut unmöglich, Leute zum Gottesdienst zu bringen.) In der Messe am Ostermontag wurden also ein paar Elemente des Ostergottesdienstes nachgeholt, wofür alle recht dankbar waren.

Natürlich gab es auch dort etwas Blumenschmuck, was völlig richtig am Platz war. Nur irgendwie war auch das Altartuch geblümt. Genau genommen war der weiße Damast mit kleinen bunten Blümchen bestickt. Hmmmm ...

Es stellte sich dann heraus, dass der für die Gottesdienste in den Altenheimen bewilligte Etat recht klein ist. Und bei einem anderen Gottesdienst waren auf dem Altartuch Brandflecke entstanden. Daraufhin hatte eine der Gottesdienstbesucherinnen von außerhalb eine ihrer nicht gebrauchten weißen Tischdecken gestiftet. Mit Blümchen. Und seitdem war das die Altardecke.

Blümchen 1

Karg wirkt sie die Liturgie der Karwoche. Spätestens am Gründonnerstag gibt es auch keine bunten Blumen mehr am Altar. Nur am am "Heiligen Grab" stehen ein paar weiß blühende Pflanzen.
Und die Lesungen: Leiden, Tod - schrecklich deprimierend für den Gottesdienstbesucher, der doch schon genug hat, was ihn/sie bedrückt.
Darum fand die Idee wohl so großen Anklang und wurde nun schon im dritten Jahr wiederholt: zur Kreuzverehrung am Karfreitag bringen alle eine Blume mit und legen sie bei der Kreuzverehrung vor das Kreuz. Das ist dann hübsch bunt. Außedem hätten "wir" ja Jesus nie gekreuzigt, sondern ihm Blumen geschenkt, was ja dann wohl liturgisch seinen Ausdruck finden sollte. Gewissermaßen versüßen wir ihm damit dann das Leiden, damit es nicht so schlimm ist. - Oder was auch immer es zum Ausdruck bringen soll. Jedenfalls nicht das eine: Das jeder von uns, sich wenigstens einmal im Jahr, damit konfrontiert sieht: "Jesus hat das meinetwegen durchlitten. Unabhängig von dem, was er damit für andere getan hat."

Nein, "wir" waren das nicht. "Wir" sind schon gut. Was "wir" tun ist doch nur unser gutes Recht und ganz normal "menschlich".  Und es hat nichts mit dem zu tun, was da vor knapp 2000 Jahren in Jerusalem passiert ist. Darum ist ja auch schon der Kreuzweg jetzt so formuliert, dass wir traurig nicken können, weil andere ihren Mitmenschen Böses tun, anstatt dass "wir" uns für ganz normale Verhaltensweisen, die uns zustehen, Schuldgefühle eigeredet werden sollen. Blume drüber!

Sonntag, 24. April 2011

Donnerstag, 21. April 2011

Kirche vor der nächsten "Renovierung"

Das also ist die Kirche, um die es geht. Der Volksaltar, von einem Hauptamtlichen hier schon einmal als "die Bütt da" tituliert ist angeblich zu groß. Darum soll er beseitigt werden und ein kleinerer Altar nach vorne zwischen die Seitenaltäre kommen.  Insbesondere wird bemängelt, dass Ambo (hölzern, auf dem Bild am hellbraunen Reliefkreuz auf braunem Grund erkennbar) und Altar (roter Sandstein) nicht zu einander passen.
Der Ambo wurde erst vor wenigen Jahren angeschafft, vorher gab es nur ein Stehpult mit Mikrofon.
Da der Altar nicht einfach auf gleicher Höhe mit den Bänken sein kann, wird diskutiert ihn einstufig zu erhöhen, eine "Altarinsel". Der Kirchenraum würde dadurch verkleinert. Zwar ist die Gemeinde sehr geschrumpft, aber an Festtagen (Weihnachten, Firmung, Kommunion, manche Beerdigungen reicht der Platz nicht oder kaum aus für alle und einige müssen stehen.)

Bis vor wenigen Jahren befand sich zwischen Chorraum und Kirchenschiff eine Kommunionbank aus Marmor, flach und wenn auch nicht im ursprünglichen Sinne so doch vielfach genutzt, als Rückenstütze der Flamboträger, als Ablage für die Gaben bei Erntedank. Die Kommunionbank bildete eine Einheit mit dem Taufbecken, das diese rechts beim Seitenaltar abschloss. Das kleine Ensemble war in den 50er Jahren durch Spenden mühsam bezahlt worden. Im Zuge der letzten Renovierung wurde es abgebaut und dem Steinmetz "zur Verwahrung" gegeben. Die Verwahrung bestand darin, dass die Marmorstücke in dessen Garten standen und das Taufbecken als Vogelbecken diente. Auf Rückfragen, als dies entdeckt wurde, wurde beschieden, seit dem II Vaticanum seien Kommunionbänke ohnehin verboten, außerdem habe jener Marmor nicht zu den Altären gepasst, da er noch einmal einen anderen Farbton hatte.

Für die Neugestaltung des Kirchenschiffes, bei der ganz offiziell von der Anpassung des Altarraums an den Ambo gesprochen wird, soll ein Künstler beauftragt werden, so die Vorgabe des BO. Dieser soll in einem Künstlerwettbewerb ermittelt werden.
Es würde wenig überraschen, wenn nach dieser kostspieligen Angelegenheit argumentiert würde, nachdem jetzt soviel investiert worden sei, müsse man es durchziehen, weil sonst dem Künstler eine Kompensation zu zahlen sei oder was auch immer. Des weiteren würde wohl angeführt werden, dass alles dem Willen des BO entspreche. Hier muss man wissen, dass seitens der Verantwortlichen dort fast alles bewilligt wird, was als Wille der Gemeinde angesehen wird. Man möchte da vor Ort keinen Unwillen erregen und legt nur auf ein Minimum an Normen wert, die nicht unterschritten werden dürfen.

Weiterhin beunruhigend ist, dass schon mehrfach angeführt wurde, dass die Seitenaltäre doch gar nicht zum Hochaltar passen und das daher ästhetisch nicht tragbar sei. Auch das mehrfach von dem einen oder andern  verbalisierte Anliegen, den Chorraum doch in eine Kapelle umzuwandeln, stimmt bedenklich.

Seitdem Durchsickern solcher Gerüchte geben einige Pfarreimitglieder vorsichtshalber keine Kollektenbeiträge mehr, um so nicht eventuell zur Finanzierung beizutragen.

Die Pfarrei hat jedoch eine gut bestückte Stiftung. Diese Stiftung wurde ursprünglich für den Erhalt der Wallfahrtskapelle gegründet, für deren Erhalt sehr reichlich gespendet wurde. Vor nicht sehr langer Zeit ließ sich der Vorstand der Kapellenstiftung aber überzeugen, dass es sinnvoller sei, diese in eine Stiftung umzuwidmen, aus der auch notwendige Maßnahmen der Pfarrkirche finanziert werden könnten. Dies geschah.

Und so werden als nächstes Projekt aus jenen Spenden nicht, wie einmal geplant, die Kreuzwegstaionen an der Kapelle rekonstruiert, die vor ein paar von einem Gemeindemitglied des nachts zerstört wurden, sondern es sollen die schon beschriebenen Baumaßnahmen in der Pfarrkirche damit finanziert werden.

Sonntag, 17. April 2011

ein Anliegen

In unsererm Pfarrbrief zu Ostern steht ein numinöser Artikel. Da wird ausgeführt, dass nach der Anpassung des Altarraums an das Ambo (erste Baumaßnahme) und der "Renovierung der Kirchenbänke" noch das "Säubern der Altäre" geplant ist. "Säubern" nicht Reinigen. Es gibt Grund zu der Befürchtung, dass damit gemeint ist, Hochaltar und Seitenaltäre zu beseitigen, weil sie dem Plan, den Chorraum in eine Kapelle umzuwandeln und das Kirchenschiff durch eine "Altarinsel" (s. Karmeliterkirche Mainz) zu verkleinern im Weg stehen. Weil aber allgemeiner Unmut befürchtet wird, gebraucht man wohl verschleiernde Worte.

Ich kann da momentan nur auf himmlische Intervention hoffen, denn es gibt da Leute, die das ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen wollen, auch wenn das auf Widerstand treffen wird.

Samstag, 16. April 2011

Begriffserklärungen 3: Reform

Reform ist schon längere Zeit ein Wort, das völlig entgegen seinem ursprünglichen Sinn angewendet wird.
Es hat zwei Bestandteile: die Vorsilbe "re-" und das "form", eine Abkürzung für "formatio", die "Gestaltung". Denn um die "formatio", nicht die "forma" (Gestalt) geht es, wenn das Wort angewendet wird. Es wird ein Prozess durchgeführt, eine formatio, die in einer forma enden soll.

Die Kurzform ist nicht allein dem geschuldet, dass Kürzungen aller Art sehr beliebt sind bei allen Machern (außer denen der eigenen Sicherheiten und Gehälter), sondern dem Fakt, dass der Begriff "Reformation" im Deutschen nur noch in einem sehr engen Sinne als die Krisenzeit verstanden wird, in der sich zahlreiche Christen als "Protestanten" von der römisch-katholischen Kirche zu entfernen beschlossen, woraus die Vielzahl der protestantischen Gemeinden, Freikirchen, Unionen usw. entstand.
Um also Missverständnisse zu vermeiden, spricht man bei allem, was eigentlich eine Reformation ist fast immer von einer Reform.

Aus dem zweiten Teil des Wortes ist also zu erschließen, dass etwas gestaltet wird, um eine bestimmte Gestalt anzunehmen.

Vermutlich halten viele auch schlichte Vorsilben für zu unbedeutend, dass sie eine echte Aussage enthalten könnten. Es sind in diesem Fall ja nur zwei Buchstaben. Auch andere Silben sind gelegentlich in diese Missachtung eingeschlossen, man denke an die vielen Fälle, in denen "Bau" und "Abbau" quasi als Äquivalent betrachtet werden, handelt es sich doch bei beiden um die Raumgestaltung fundamental ändernde Vorgänge.

Betrachtet man das bescheidene "re-" dann doch einmal, erschließt sich folgende Bedeutung: es kommt von "retro", zurück.
Eine "reformatio" (Reform) ist also im Sine des Wortes eine Wiederherstellung der ursprünglichen Gestalt.

Das war den Reformatoren (im engeren Sinne, also den Protestanten) noch klar bewusst. Ihnen ging es (dass der es immer anders geht, als man denkt, wurde leider nicht bedacht) um eine Wiederherstellung der ursprünglichen Gestalt des Christlichen. Alles sollte möglichst exakt so sein, wie Jesus Christus seine Kirche von Anfang an haben wollte. Darum wurde vieles, dass man als relativ neu hinzugekommene Elemente betrachtete, als unnötig befunden und oft auch vernichtet. Ziel aber war die Rückkehr zur eigentlichen Gestalt.

Auch wenn dann vor etwa 40 Jahren eine "Reform" der Kirche gefordert wurde, ging es dabei in den Begründungen für verschiedene Entscheidungen wie z.B. den zahlreichen liturgischen Einebnungs- und Sprengarbeiten nicht darum etwas Zeitgeistgemäßes zu schaffen, sondern von hinzugekommenen "Ballast" zu befreien.
Wie fast immer stellte sich im Lauf der nächsten Jahrzehnte heraus, dass einiges von dem Ballast gar kein unnötiger gewesen war, sondern uraltes Strukturelement und dass die Erkenntnisse der 70er Jahre in vielem ganz und gar nicht mehr dem heutigen Stand der Forschung entsprechen, dass also viele der "Reformversuche" in Wirklichkeit eine Verformung des Eigentlichen waren.

Statt aber dem - in sich positiven - Wunsch der Reform verpflichtet zu bleiben, wurde, wie es scheint, der Begriff in etwas umgedeutet, das wohl besser "Neoform" oder "Novaform" heißen sollte. (Die Begriffe werden jetzt schon von zahlreichen Ökoprodukten verwendet, das bildet wieder eine Schwierigkeit.) Aber es ließen sich bestimmt auch andere finden. Vielleicht "dysform", "kataform" oder "futoroform". Es gibt da sicherlich viele Möglichkeiten.

Sinnvoll wäre es jedenfalls, wenn so ein Wort wieder wenigstens annähernd in seiner eigentlichen Bedeutung eingesetzt würde und die Vorgänge wahrheitsgemäß und nicht irreführend benannt würden.

Sonntag, 10. April 2011

Der Papst aus Polen

Gedicht von Juliusz Slowacki (1809 - 1849)

Gott ruft einst mit größter Macht
im Streit, zu schweren Glocken,
den Papst aus Polen in der Not
nach Rom, als Petri Felsenbrocken.

Sein Gesicht strahlt Licht vom Licht
für Menschen rings im Dunkel.
Es folgen ihm Nationen dicht
zu Gott: ins Helle, heim gewunken.

Es braucht schier unerhörte Kraft
der Freiheit Tore aufzureißen.
Der slawische Papst hat dies geschafft,
als Hirt hat er es uns verheißen.

Die Kraft des Geists im Sakrament
ist auf der ganzen Welt zu sehen,
wenn alle Völker tief verneigt
vor seinem Sarg einst stehen.

Das Vatican-Magazin hat es auf S.60 in dieser Übertragung von Anna Meetschen abgedruckt.

Ich gebe es hier wieder, weil es wieder ein beeindruckendes Zeugnis für ein prophetisches Wort ist, und weil in ich einen manchmal sehr traditionalistisch veranlagten Bekannten habe, der Papst Johannes Paul II und dessen Pontifikat oft sehr kritisch gesehen hat.
Kurz vor der so schnellen Seligsprechung Johannes Paul II weisen immer noch viele Stimmen kritisch daraufhin, dass dieser Papst auch Schwächen gehabt und Fehlentscheidungen getroffen habe. Es ist ihnen unverständlich, dass auch ein Mensch, der sich nach bestem Kräften dem Willen Gottes überlässt, in menschlicher Begrenztheit handeln kann. In gewissem Sinne könnte man folgern, viele wollen päpstlicher als der Papst sein (natürlich nur in ihren Ansprüchen gegenüber ihm nicht in Bezug auf sich selbst und ihr eigenes Handeln).

Das Gedicht zeigt auf, wie sehr in diesem Menschen der Plan und Wille Gottes wirklich geworden ist.

Sehr gekonnt aufgezeigt wird dies auch in den Artikeln der neuen Ausgabe des Vatican-Magazins, in denen Johannes Paul II von Menschen geschildert wird, deren Leben er geprägt hat. Die Artikel sind auf der dortigen Webseite als Pdf-Files abrufbar.

Samstag, 9. April 2011

Überschrittene Grenzen

Bei der Berichterstattung des WDR beim Eröffnungsgottesdienst wurde eine Grenze überschritten. Bisher war es wohl noch nicht vorgekommen, dass ein deutscher Fernsehsender während der Wandlung in einer katholischen Messe wie auf einem Marktplatz eine Live-Interview abhält und den Gottesdienst stört.

Zwar gab der Pressesprecher des Bistums Paderborn auf eine entsprechende Rückfrage folgende Auskunft:
"Der WDR hat entgegen vereinbarten Absprachen gehandelt und sich inzwischen entschuldigt.
Ich bin selbst betroffen darüber, dass die Redakteure bzgl. der Würde des Raumes und des Augenblicks keinerlei Kenntnis und Takt mehr besitzen."


Aber beim WDR selbst scheint man das etwas anders zu sehen: 



"Es ist u.E. nicht respektlos, eine öffentliche Veranstaltung - und das war dieser Gottesdienst - abzubilden und darüber zu berichten.
Das Erzbistum und die Bischofskonferenz haben uns die Filmaufnahmen und die Berichterstattung ja ausdrücklich gestattet. Wir haben selbstverständlich genaue Absprachen und Vereinbarungen mit den
Verantwortlichen getroffen.

 ...

Ich halte es allerdings grundsätzlich für wichtig, dass sich die Kirche als "offenes Haus" präsentiert und den Menschen Einblicke gewährt."

Als ob jemand sich beschwert hätte, dass über den  Gottesdienst berichtet werde.
Die Aussage des Paderborner Pressesprechers besagt, dass die hier zitierten "genauen"  Absprachen nicht eingehalten wurden.

Und wie ein Live-Interview, indem sich die WDR-Mitarbeiterin darüber auslässt, dass die Bischöfe wegen ihres Schuldbekenntnisses nur gekniet hätten, statt sich mal wenigstens (medienwirksam) auf den Boden zu werfen, und dann auf einiges Bezug nimmt, das mit dem Gottesdienst selbst nun wirklich nichts zu tun hat, Einblicke in die "Kirche als offenes Haus" gewähren soll, verschließt sich ebenfalls dem unbedarften Betrachter.

"Der Zeitpunkt unseres Live-Berichts im Verlauf des Gottesdienstes hätte sicher ein besserer sein können, aber es war für uns leider nicht vorhersehbar bzw. planbar, dass das Gespräch in den selben Zeitraum fällt, in dem auch die Wandlung stattfindet. "
Man kann diese Aussage wohl lesen als: 'Ein Live-Interview hat immer und stets Vorrang gegenüber allem anderen. Die Kollateralschäden müssen in so einem Fall toleriert werden. Wir nehmen da auf nichts Rücksicht.'

Was den WDR angeht, hat er damit nur klar gemacht, was für einen geringen Stellenwert katholische Glaubensüberzeugungen für die Verantwortlichen dort haben und wen überrascht das schon ernsthaft? Von unseren Medien erwarten wir schon lange nichts Besseres.

Mein Appell hier richtet sich an die Verantwortlichen in den Bistümern und bei der Deutschen Bischofskonferenz:

"Bitte lassen Sie nicht zu, dass sich etwas derartiges wiederholt! Übergehen Sie es nicht mit Stillschweigen! Es darf einfach nicht sein, dass das Heiligste, das wir haben mit solcher Missachtung und Gleichgültigkeit behandelt wird!"

Grenzüberschreitungen kommen vor. Aber wenn sie einfach toleriert werden, führt das dazu, dass sie zur Gewohnheit werden.

Haben Zeitungen Sonderrechte?

Da ich mit der Juristik nicht sehr bewandert bin, stellte sich mir diese Frage, als ich heute morgen in der Zeitung die Urteilsbegründung gegen Bischof Müller von Regensburg las. In einer Predigt habe jemandem eine "untergeschobene und niemals so getroffene Aussage" unterstellt. Bei einer Predigt bestehe aber ein besonderer Anspruch auf Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit, da sich ein Betroffener nicht an gleicher Stelle und in gleicher Weise gegenüber den Zuhörern wehren kann.

Der Aussage kann man zustimmen. Nur, warum trifft das eigentlich nicht in gleicher Weise auf Zeitungen,  Zeitschriften und Rundfunkanstalten zu?
Denn diese können doch ganz offensichtlich wiederholt vor zum Teil Millionenpublikum anderen "niemals so getroffene Aussagen" "unterschieben" - bzw. nie gemachte Aussagen, völlig entstellte und verfremdete Aussagen, rufschädigende Behauptungen, usw. usw. - und das auch ohne "Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit" bei der Recherche. In einigen Fällen wird - durch Zeugenaussagen belegt - sogar Geld geboten, damit falsche Aussagen, die aber "Nachrichtenwert" haben, gemacht werden und die Betroffenen haben keine Möglichkeit, "sich an gleicher Stelle und in gleicher Weise gegenüber den 'Zuhörern' zu wehren.

Klagen dagegen scheinen des öfteren daran zu scheitern, dass die Schuldigen ihre mangelhafte Recherche als entlastend angerechnet bekommen oder dass "öffentliche Personen und Einrichtungen" nun einmal mit so etwas leben müssten. Dass dies jedenfalls Teil der Pressefreiheit sei.

Die Beispiele sind unzählig. Jüngst wurde hier auf den Blogs ja schon mehrfach auf eine solche Berichterstattung über die Neubesetzung einer Bonner Pfarrei hingewiesen oder den Inhalt des Kölner Fastenhirtenbriefes hingewiesen.
Jeder wird sich noch an den Rufmord an Eva Hermann erinnern. Neben der völligen Tatsachenverdrehung in Bezug auf das Papst-Interviewbuch von Seewald fällt mir von letztem Jahr noch die Anti-Homöopathie-Kampagne einiger Medien ein, in denen Behauptungen gemacht wurden, die durch Tausende teurer (jeweils mehrere Millionen Euro) wissenschaftlicher Studien (zu denen die Firmen gezwungen sind, die ihre Mittel mit Indikationsangabe verkaufen) innerhalb von Sekunden widerlegbar wären.

Nur in diesen und vielen anderen Fällen scheinen Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit keine Rolle zu spielen.

Freitag, 8. April 2011

Eine neue Auszeichnung ist gestiftet, das "Spiegelei der Woche"

Peter Esser (hier) verleiht diese besondere Auszeichnung jetzt für folgende Leistungen:


[ER] Unter der Rubrik Spiegelei der Woche werde ich kirchenpolitische Epic Fails vorstellen, die es verdienen, ordentlich in die Pfanne gehauen zu werden. Heute den Blog der SWR-Fachredaktion »Kirche und Gesellschaft«. 







Die Anwärter dürften ihm so schnell nicht ausgehen. Was Kirche und Glauben angeht, gibt es ständig an den Tatsachen vorbeigehende oder diese völlig verfälschende Meldungen.

Meine niedlichen Vögel

Also, die hier wohnen bei mir oder haben schon bei mir gewohnt:




Sonntag, 3. April 2011

Peinlich oder begeisternd?

Als ich 16 war, war ich das erste Mal in Rom. Klassenfahrt. Wochen vorher schon hatten wir abwechselnd Referate über Sehenswürdigkeiten halten und anhören müssen. Da Kunstgeschichte bei mir unter todlangweilig einsortiert war, habe ich mir dabei so gut wie nichts gemerkt. Ich weiß nicht einmal mehr, ob ich auch etwas referieren musste oder nicht. Vermutlich habe ich.

Keines der Referate hat unter den Gemälden und Kunstepochen etc. ernsthaft das erwähnt, warum ich heute einmal wieder viel Zeit für Rom haben möchte: zum Beispiel all das, was durch Kaiserin Helena ausgegraben und dann über diverse Kirchen verteilt wurde.

Meine Haupterinnerungen an die Romfahrt sind: die überfüllte Bahn nach Ostia, deren ohrenbetäubender Krach wie ein Schlafmittel wirkte, eine ungeheuer imposante Pinie auf dem Forum Romanum, das mir von allem am besten gefiel, die römischen Ordnungshüter, die die Krise bekamen, wenn man nur eine Hand in Brunnenwasser tauchte und diese Peinlichkeit bei der obligatorischen Mittwochs-Papstaudienz: Ich war zu dem Zeitpunkt ohnehin nicht sehr begeistert von Papst und Kirche aber da dieser Aufenthalt auf dem Petersplatz nun einmal dazu gehörte, nicht völlig uninteressiert.

Direkt neben uns befand sich eine spanische Gruppe. Schon eine Stunde vor Anfang der Veranstaltung, sprangen sie bei jedem Flugzeug, das sich über den Platz bewegte, auf ihre Stühle und jubelten und winkten. Offenbar in der felsenfesten Überzeugung, der Heilige Vater müsse für die Audienz eingeflogen werden. Und dann erst, als dieser tatsächlich im Papamobil über den Platz fuhr! Ein Stuhl ging bei den Begeisterungsdraufspringern sogar in die Brüche. Und da die Draufspringer in den ersten Reihen saßen, verdeckten sie allen anderen völlig die Sicht. Manche von uns kletterten daher auch auf die Stühle, um noch irgendetwas zu sehen. Ich nicht. Mit grimmiger Miene und verschränkten Armen stand ich da und war wütend über das dumme, primitive und idiotische Verhalten, das für jeden normalen Menschen doch nur unheimlich peinlich sein konnte. Mit denen wollte ich auf keinen Fall in einen Topf geworfen werden. Und dann noch die Deppen, die Fahnen und Plakate schwenken mussten, so dass man erst recht nichts mehr sah. - So stellte sich das für mich damals dar. Von der Ansprache bekam ich auch nichts mit, die war ja italienisch.
(Und man sieht: Ich bin bestimmt niemand, der freiwillig in einen Fanblock beim Fußball geht.)

Seit ein paar Jahren habe ich mehr Verständnis für diese Spanier. Auch wenn ich ihr Benehmen auch weiterhin nicht nachahmen möchte. Wenigsten kann ich es inzwischen verstehen und sehe, dass es sogar die eine oder andere positive Seite hat. Damals fand ich es nur abschreckend. So ist das, wenn man etwas gar nicht versteht.

doch noch drei Bilder

Dank einer Mitfahererin:

Der Gran Sasso letzte Woche von Manoppello aus gesehen:


Der Altarraum mit dem Volto Santo (bei dieser Aufnahme ganz durchsichtig in dem monstranzähnlichen Gerät):


und so ein Messgewand haben sie da im Bestand:

Samstag, 2. April 2011

Wenn zwei das gleich tun …

… ist es noch lange nicht dasselbe.
Heute gibt es bei einigen der Mitblogger Links auf einen Fürbittgottesdienst im italienischen Oleggio. Besonderer Gruselpunkt sind ein Tanz von Frauen in wallenden Gewändern und die Gestik des Priesters während eines Liedes, die den Predigtgärtne  zu der vermutlichen Fehlannahme führte, es handle sich um eine Art mimische Umsetzung des Vaterunsers.

Update: Nach genauerem Betrachten der Videos sind das ohnehin keine Aufnahmen aus einer Hl. Messe. Sondern es handelt es sich um eine Art Andacht mit Eucharistischer Anbetung. Ausgeschrieben war das als Fürbittgottesdienst, d.h. dass während Teilen der Eucharistischen Anbetung dann wohl auch Fürbitt- und Bittgebete gebetet wurden. Auf einem anderen Video sind Einzelsegnungen mit der Monstranz zu sehen.
Nun gibt es keinen Grund, warum eine Andacht nicht so gestaltet sein sollte, dass die - völlig freiwillig Anwesenden und nicht einmal durch Sonntagspflicht Gedrängten - dabei auch einen liturgisch motivierten Tanz zu sehen bekommen.


Die Farbwahl
Allen doch irgendwie puritanisch geprägten Nord- und Mitteleuropäern stechen natürlich zunächst die pastellen Bonbonfarben der Walle-Gewänder der Tänzerinnen sehr in die Augen.  Aber hier möchte ich darauf hinweisen, dass in vielen Regionen Südeuropas, Amerikas und vermutlich auch Afrikas und Asiens diese Farben auch bevorzugt für Rosenkränze, liturgische Bilder etc. verwendet werden und dort als durchaus angepasst, richtig und sogar schön gelten. Und dieser Gottesdienst fand in Italien statt, wo anscheinend keinerlei Anstoß an den Farben genommen wurde.
Das führt weiter zur nächsten Frage, ob nämlich liturgische Tänzer jeglicher Art in einer katholischen Messe statthaft sein können. Es scheint, dass dies derzeit der Fall ist, denn das Gleiche gilt wohl für allerlei Darbietungen verschiedenster Art, denen wir regelmäßig in Gemeindegottesdiensten begegnen.

Der Tanz
Ich persönlich vertrete selbst immer stärker die puristische Linie, dass sich die heilige Messe strikt an die offizielle Liturgie halten sollte und dass vor und nach der „himmlischen Liturgie“ jede Menge Raum für alles Sondergut ist, wo es auch bleiben sollte, aber das ist eine Einsicht, die nach gut vier Jahrzehnten allgemeinem Chaos und beliebiger Willkür in der Gestaltung der heiligen Messe und bei zum Teil selbst von Ordinariatsbediensteten verbreiteten Irrlehren über das, was im Rahmen der Eucharistiefeier gut und richtig ist, für viele erst einmal sehr unverständlich ist. Schließlich wurden unsere Pfarreien während dieser Jahrzehnte damit geradezu beharkt, dass Tanz in Afrika ein unabdingbares Element des Gottesdienstes sei und dass unsere spezifische deutsche Steifheit verhindere, dass wir uns mit Leib und Seele auf den Gottesdienst einlassen.
Es ist auch festzuhalten, dass hier nicht etwa Samba oder Cha-cha-cha gemeint ist, sondern Bewegungen unter rhythmischer musikalischer Begleitung, deren Gestik Elemente enthält, die Hingabe, Anbetung oder Ähnliches zum Ausdruck bringen (sollen).

Warum solche Elemente, dann auch in europäischen Gottesdiensten auftauchen, kann sehr verschiedene Gründe haben.  Manchmal ist es wohl hauptsächlich der Reiz des Exotischen, manchmal ein Bedürfnis nach Unterhaltung, manchmal eines nach kreativer Gestaltung. Aber es gibt auch die Fälle, in denen versucht wird, nicht irgendwelche Inhalte sondern tatsächlich auch Anbetung auf diese Art und Weise auszudrücken.
Ich denke, das war auch in diesem Gottesdienst der Fall, und das sollte nicht simpel über einen Kamm geschoren werden mit anderen Motivationen.  Da mag nun die Choreographie nicht so ganz gelungen sein.  Das kommt selbst bei Profis vor.

Gespottet ist schnell. Verletzt ist schnell.  – Und warum wird so schnell gespottet? Unter anderem, weil hierzulande gerade die Kreise, die in ihrem „Reform“drang viel zerstört haben, solche Gestaltungen besonders gefördert haben. Es wäre aber falsch rückzuschließen, dass zum Beispiel jene italienische Gemeinde aufgrund einer solchen Gestaltung einer Meinung mit den „Reformern“ wäre. Oft ist eher das Gegenteil der Fall. Die Gemeinschaften (meist in irgendeiner Art charismatisch geprägt), die für solche Gottesdienste verantwortlich sind, gelten oft den selbsternannten Reformern genau so als „erzkonservative, papsttreue, fundamentalistische Gruppen“ wie andere von ihnen sehr verschiedene auch. Von diesen Gruppen werden oft Menschen erreicht, die sich völlig vom Glauben entfernt hatten. Da in diesen Gruppen gewöhnlich viel Bibelarbeit gemacht wird und auf Treue zur katholischen Lehre geachtet wird (trotz des oft sehr bunten Außenbildes) erwachsen gerade von dort sehr viele Berufungen in Orden und zum Priestertum. Für viele sind diese Gruppen nur Durchgangsstation bei der Vertiefung ihres Glaubens, viele wenden sich nach einer Zeit sogar wieder ganz davon ab. Aber sie hätten ihren Weg mit Gott nicht gefunden, ohne derartige Veranstaltungen, die ihnen den Wiedereinstieg ermöglicht haben.

Natürlich gibt es in solchen Gruppierungen auch vieles, das verbesserungsbedürftig ist. Viele, die dort aktiv sind, brauchen noch mehr Vertiefung ihres Glaubens und ihres Glaubenswissens und manche wollen nur immer an der Oberfläche bleiben. Jedoch ist vieles nicht so oberflächlich, wie es auf den ersten Blick erscheint. In Südamerika sind es solche Gemeinschaften, denen es am ehesten gelingt, das Abwandern ehemaliger Katholiken in freikirchliche Gruppierungen aufzuhalten. Ein Phänomen, das übrigens auch im Rhein-Main-Gebiet auftritt; leider bisher nur das Abwandern, nicht das Vorhandensein derartiger katholischer Gemeinschaften. – Im Vatikan hat man das schon lange erkannt, sowohl Papst Johannes Paul II als auch Benedikt XVI  vertreten hier die Linie, immer wieder zur Wahrung der Einheit mit der Hierarchie und der kirchlichen Lehre zu wahren (manchmal wird regulierend eingegriffen) aber gleichzeitig auch das Bemühen um ein Leben im Glauben und die Evangelisation zu würdigen und nicht den Weizen auszureißen, weil auch Unkraut darunter wächst.

Ich würde mir wünschen, dass es hier in den Blogs statt (ach-wie-daneben)-Gespöttel mehr konstruktive Auseinandersetzung mit den hier nur angerissenen Prozessen und auch Problematiken gäbe.