Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Philothea: Gottseligkeit – die individuellen Facetten


„Wäre es angenehm, wenn ein Bischof einsiedlerisch sein wollte, wie der Karthäuser, wenn der Ehegatte auf allen Erwerb verzichten wollte, wie der Kapuziner,  wenn der Handwerker den ganzen Tag in der Kirche zubrächte, wie der Ordensmann, und wenn Letzterer all dem Gedränge von Geschäften zum Dienste des Nächsten sich immerdar aussetzte, wie der Bischof? Wäre solche Gottseligkeit nicht töricht, unordentlich und unerträglich? Und doch werden solche Fehler oft begangen; und die Welt, die zwischen der Gottseligkeit und der Unbesonnenheit jener, welche gottselig zu sein vermeinen, nicht unterscheidet oder nicht unterscheiden will, tadelt  und schmäht die Gottseligkeit, die doch an solchen Unordnungen nichts weniger als Schuld ist.
... In welchen Verhältnissen wir immer sein mögen, wir können und sollen nach einem vollkommenen Leben trachten.“
Philothea , I.3

Wie notwendig wäre doch die Neuentdeckung dessen,was mit Gottseligkeit gemeint ist, gerade in unserer Zeit, wo unter anderem der Irrtum so verbreitet ist, nur der sei vollwertig in seinem Christsein, der ein geistliches Amt innehabe, alles andere sei irgendwie minderwertig. Und zwar wird dies keineswegs vom Lehramt der Kirche so vorgetragen. Nein, leider sind es Laien und Kleriker hierzulande, die darauf bestehen, dass nur die Ausübung eines kirchlichen Amtes (insbesondere das des Priesters, wobei dessen Weihe als reine Amtsermächtigung betrachtet wird) ein vollwertiges Christsein ermögliche. – Eine wahrhaft merkwürdige Irrlehre, wenn man sie auf den Punkt bringt. 

Die gleiche Taktik der Verwirrung versucht kontemplative Ordensleute vom Gebet fernzuhalten, damit sie sich stärker caritativ betätigen oder verführt Bischöfe dazu, in demonstrativer Sorge um Suchende und Nichtgläubige die Bedürfnisse der ihnen anvertrauten Gläubigen, die doch auch Anleitung und Fürsorge benötigen, zu vernachlässigen – mit dem Erfolg, dass die Herde, der sie andere ursprünglich hinzufügen möchten, durch mangelnde Fürsorge immer kleiner wird, woraufhin manche alle zerstreuten Schafe, um die sie sich gar nicht kümmern können, weil sie sie nicht erreichen, zur Standardherde erklären, für die sie da sein möchten, obwohl so nur noch eine Utopie gepflegt wird. Würden sie stattdessen ihre Herde pflegen und Missionare beauftragen, die den Umherirrenden nachgehen, wäre allen gedient.

Jeder steht in Gefahr, genau das unbedingt verwirklichen zu wollen, was gerade nicht die eigene Aufgabe ist – ohne die Gottseligkeit, die jeden, gleich in welchem Stand und welcher Lage befähigt, das Christsein in ganzer Fülle zu leben und zu verwirklichen und durch die alles geheiligt wird.

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