Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Sonntag, 16. Juni 2013

live aus einer "Wurstelheimvorlage"

Unlängst war ein befreundeter Priester in meinem Wohnort zu Besuch. Nicht bei mir, aber wir hatten uns dann noch zum Abendgottesdienst verabredet. Er kennt mein regelmäßiges Stöhnen über die Qualität der Predigten und Gottesdienste. Jetzt bekam er einen live-Eindruck. Auch von ein paar Dingen, die ich gar nicht erst erwähnt hatte: Der extrem schäbig gekleidete Gemeindereferent, der gerade in voller Aktion mit der 72-Stunden-Aktion war, wo das noch verständlicher ist, aber das Outfit war auch bei der Fronleichnamsaktion nicht besser gewesen. Die Jugendarbeit, die keine Rücksicht auf Gottesdienste nehmen kann. Das zerknitterte Chorhemd, indem der Pfarrer die Messe hält (Kaseln gibt es genug in der Sakristei). Das Eintippen von Liednummern in ein kleines Spielzeug, das mit mit viel klack-klack und Vertippen vor sich geht, statt die Nummern einfach anzusagen. Die vielen Bücher und Heftchen mit denen dieser hantiert und gelegentlich den Überblick verliert. Wie ebendieser nach den ersten Worten von Gebeten wie dem Vaterunser so alles mögliche treibt aber nicht mitbetet und überhaupt die für die Zelebration notwendigen Bewegungen so gleichgültig und nachlässig ausführt, dass diese manchmal kaum noch zu erahnen sind und insgesamt den Eindruck vermittelt: "Ich muss das hier jetzt machen, habe aber eigentlich keine Lust, also zieht euer Ding durch, ich gebe halt die Einsätze."

Ich bin schon so darauf konzentriert, die ganzen Störfaktoren konsequent auszublenden, dass mir einiges nicht einmal mehr auffällt, jetzt wurde mir die Liste mit Befremden aufgezählt.

Nein, wundern kann es kaum noch, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher sich immer noch nach unten bewegt, obwohl nicht mehr viel Spielraum ist.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Alle - außer mir



Wenn die Argumente ausgehen, greift man zu Einzelschicksalen.

Worum geht es? Um die Rückzugsgefechte bei der Veröffentlichung der korrekt übersetzten Wandlungsworte, und zwar darum, ob nun das Blut Jesu „für viele“ (Originaltext) oder „für alle“ (sprachlich nicht korrekte Interpretation statt Übersetzung) vergossen wurde.

Das Problem, das angeführt wird, ist kein lächerliches. Dazu leiden zuviele an solchen Problemen. Nur das dem Problem weder mit einem „alle“ noch mit anderen tröstenden Worten beizukommen ist.

Es gibt Menschen, die leben wirklich in ständiger Angst, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie erlöst werden, dass Gott sie tatsächlich lieben könnte, dass sie gemeint sind, wenn von einem „unvergänglichen Erbe“ die Rede ist. Die sogar glauben können, dass das für jeden Menschen auf der Welt gelten könnte, aber wahrscheinlich nicht für sie. Also, dass meinen sie immer noch, wenn da explizit „alle“ steht, weil es ja schließlich immer eine Ausnahme von der Regel gibt, und die sind sie. Natürlich. Und wenn da gar nicht alle steht, dann ist der Beweis für sie endgültig geführt. Einige nicht – und sie sind überzeugt zu den einigen zu zählen.

Es ist kein schöner Zustand. Ich hatte eine Bekannte, die ich längere Zeit davon zu überzeugen versuchte, dass der Satz nicht alle seien auserwählt, nicht hieß, dass sie nicht auserwählt sei.
Ich selbst hatte auch einmal so einen Anfall. Ich war in einer christlichen Gruppe in einer Mobbingsituation, auch das kann es geben, selbst wenn alle wohlmeinend sind, und jemand wollte die Gruppe mit so einem Zuspruch aus der Heiligen Schrift erfreuen. Erfolg: ich war den Rest des Tages in Tränen aufgelöst, weil vielleicht alle Kinder Gottes geliebt sind, aber ich garantiert ein weniger geliebtes Stiefkind bin.

Mein Fall zeigt auch schon, wo das eigentliche Problem bei so etwas liegt. Das war nicht die Schriftstelle. Die war völlig positiv formuliert. Es war meine direkte Erfahrung mit den Mitchristen, die mir nun einmal vermittelte, nicht geliebt zu sein. Die Erfahrung mit den Menschen direkt drum herum, die die Wahrheit in Bezug auf Gott verstellte.

Und irgend so eine Thematik wird auch bei all denen vorhanden sein, die sich sofort verdammt glauben, wenn das Blut Jesu explizit „nur“ für „viele“ vergossen wurde. Sie haben natürlich auch Zweifel, wenn da für „alle“ steht. Ich frage mich allerdings, was hilft ihnen überhaupt, wenn man „für alle“ sagt, obwohl das im Original gar nicht da steht – flehentliche Bitte notfalls belogen zu werden, weil sie sich dann besser fühlen könnten? Eine Kur ist das sicher nicht. Was die brauchen, die mit solchen Zweifeln geschlagen sind, ist eigentlich die liebende Annahme ihrer Brüder und Schwestern im Glauben.

Ich habe die damals in meiner Krise nicht bekommen. Nur unfreundliche Ermahnungen, dass ich da spinne und mich zusammenreißen soll. Ich habe mich durchgeschlagen und durchgebissen, weil ich Gott ja nicht liebe, um etwas zu bekommen oder um etwas Besonderes zu sein, sondern weil Er es ist. Und dass ich ja im Grunde gesagt habe, er kann mich gebrauchen wie er will und wenn es dann eben als eine Art Schrottmaterial ist, dann sei das auch okay, weil es das ist, was er will. Das war nicht toll, aber es hat geholfen, bis dann endlich, sehr viel später, mir tatsächlich jemand so begegnet ist, dass meine Selbstachtung im Null-komma-nichts repariert war.

Darum behaupte ich jetzt: Das Heilmittel für alle mit solchen (Selbst-)Zweifeln Geschlagenen, die nicht glauben können, dass Gott sie liebt, sind nicht schönende Worte wie Beruhigungsmittel, die sedieren aber nicht heilen sondern das Leben mitsamt dem Leid ersticken. Solche Menschen brauchen Mitchristen, die für sie so da sind, dass sie durch diese Mitchristen erkennen, dass Gott sie liebt. Das wird in vielen Fällen einige Mühe erfordern, aber es wird sie heilen. Wohingegen Manipulationen an Texten das nicht tun werden. Hier ist das Laienapostolat sehr gefordert, denn der priesterliche Seelsorger wird nicht allein in der Lage sein, das allen in dieser Weise Bedürftigen persönlich vermitteln zu können.

Dessen Aufgabe sollte es sein, seine Laienmitarbeiter zu motivieren, hier das nötige zu tun. Auch das ist arbeitsintensiv aber jedenfalls sinnvoller als durch Wortakrobatik eine Schicht Kosmetik auf bestehende Wunden zu legen. 

Der Niedergang von Giganten

ist kein schöner Anblick. Jedenfalls nicht, wenn man auch den Giganten anderer Meinung und Überzeugungen die Wertschätzung nicht versagt.  Man mag erleichtert sein, wenn eine große Persönlichkeit, mit der man nicht übereinstimmen konnte oder wollte, nicht mehr über die Macht verfügt, alles mehr oder weniger nach ihrem Willen zu lenken. Aber es stimmt traurig, wenn so ein ehemaliger Gigant auf seinem Feld weitgehend ungeschlagen anfängt, sich selbst immer mehr zu demontieren und sich zu schaden, ohne es selbst zu erkennen und seinen eigenen Niedergang an die Öffentlichkeit trägt, ohne sich darüber klar zu sein. Einen ehemals großen Protagonisten ehrlich bezwungen zu sehen, könnte erfreuen, aber Zeuge seines Verfalls zu sein, stimmt traurig.

Das sind die Gedanken, die mir kommen angesichts der jüngsten Äußerungen von Kardinal Lehmann auf dem Eucharistischen Kongress in Köln. Kardinal Karl Lehmann, zwei Doktor- und ein Professorentitel, einstmals brillant in seinen analytischen Fähigkeiten und seiner Kapazität, Sachverhalte zu erfassen und so darzustellen, dass niemand die Filterung und geschickte Steuerung der Informationen wahrnahm, ein exzellenter Dialektiker, ein Theologe mit enormem Wissen.
Mich haben seine Thesen zwar nie gewinnen oder überzeugen können, aber der Virtuosität, wie das ein oder andere vorgetragen oder umgesetzt wurde, zolle ich doch einen gewissen Respekt. Wenn auch nicht freudig.

Jetzt aber denke ich, der einstige Meister vieler Klassen hat den Überblick verloren, seine Fähigkeit, die Lage klar einzuschätzen und das Urteilsvermögen darüber, wann etwas benannt werden solle oder wann es besser ist zu schweigen.

Zwei Themen wurden in einer DNA-Meldung benannt, Äußerungen zur lateinischen Messe „im Tridentinischen Ritus“ und zur korrekten Übersetzung der Wandlungsworte.

Zum einen soll sich der Kardinal gegen vermehrte Feiern der lateinischen Messe „im Tridentinischen Ritus“ gewandt haben: „Ich habe den Eindruck, die ganze Begeisterung für das Latein hat viel mit Prestige und falschen Vorspiegelungen einer vermeintlichen Kulturelite zu tun.“ Er halte „ein stärkeres Nebeneinander beider liturgischer Formen heute nicht für sinvoll, auch weil es nicht von unten gewachsen ist.“
Ich frage mich, gegen welche Windmühlenflügel er überhaupt kämpft hier und wen er damit zu vertreten meint. Vielleicht geht es um elitäre Kreise, in denen auch er schon lange lebt, gegen die er möglicherweise lange opponierte und die weit weg sind vom Alltag jedes Durchschnittskatholiken.

Ich muss aus meiner Erfahrung sagten, dass bei allen Leuten, die ich kenne, die Präferenz für den „außerordentlichen“ Messritus rein gar nichts mit Prestige und Kulturelite zu tun hat. Das sind alles ziemlich einfache Leute, deren Lateinkenntnisse sehr mager sind und bei deren Denken die Kultur keinen so überhöhten Stellenwert hat. Sie versuchen Halt für ihren Glauben zu finden, wollen vielleicht Erbauung durch die die Sinne mehr ansprechenden Formen und einfach die organische Einheit mit der Kirche in allen Zeiten bewahren. Es mag auch andere geben, aber das sind die Leute, die ich kenne.
Ich selbst mag von der Ausbildung her „Elite“ sein, Kulturelite bin ich bestimmt nicht, mein Latein ist maximal mittelprächtig, was daran liegt, das ich die Sprache einfach mochte. Und Prestige? Man muss sich jede Menge dumme Sprüche und Unterstellungen anhören, wenn man Latein schön und den älteren Ritus ansprechend finden, Prestige in Zusammenhang damit kenne ich nicht.
Ich komme auch selten in so eine Messe, was daran liegt, dass das Angebot dafür mager ist. Die drei Gelegenheiten, die ich kenne, verlangen a) sehr frühes Aufstehen und 30 km Fahrt; b) gut 50 km Fahrt; c) 15 km Fahrt und eine verheerende Parksituation, die einem alles verleiden kann. Also gehe ich normalerweise in die oft unsägliche Gemeindemesse zuhause und wünsche mir tatsächlich ein besseres Angebot.

Wie soll denn unter solchen Bedingungen etwas „von unten wachsen“? Das ginge ja nur, wenn man eine echte Möglichkeit hätte, mit „den Füßen abzustimmen“. Außerdem, was ist denn an den derzeitigen Messzuständen „von unten gewachsen“ – die werden doch von oben (von Kommissionen, Theologen, Pfarrern und vollamtlichen Laien)  schon seit Jahrzehnten aufoktroyiert. Gewachsen war die alte Form, die neue wurde synthetisiert in einem Labor weitweg von allen von Gläubigen gefeierten Messen. Und soll die Messe überhaupt „von unten wachsen“? Ist sie nicht „von oben gewachsen“ in ihrem Einmünden in die himmlische, die „göttliche“ Liturgie, wie sie auch in der Offenbarung beschrieben wird. Das Zusammenmünden des Gottesdienstes der Engel und der Menschen?

Von einem Bischof und Kardinal hätte ich qualifiziertere Äußerungen erwartet.


Das zweite Thema war die korrekte Übersetzung der Wandlungsworte, die in ebendieser korrekten Form wohl demnächst in allen Gesangbüchern und Messbüchern stehen werden. Hier schlug der Kardinal anscheinend vor, man solle auch weiterhin im Widerspruch zum dann gültigen Messbuch die falsche und interpretierende Übersetzung der Worte Jesu nehmen, die uns in den letzten Jahrzehnten vorgetragen wurde, da deren Sinn doch auch theologisch legitim sei (wäre er es nicht, hätte es sich ja auch nur um ca. 40 Jahre Häresie ausgerechnet bei den Wandlungsworten gehandelt, was nun tatsächlich sehr bedenklich wäre).

Ich frage mich nur, möchte der Redner hier ernsthaft spalten oder quertreiben, wenn er versucht sich in Opposition zur korrekten Übersetzung weltweit zu stellen? Warum kann er nicht auch einfach die Einheit wahren? Hängt er so an einer favoritisierten Position, dass er nicht mehr sieht, dass sie sie nur eine kleine Scholle Eis ist, die dabei ist, sich im Wasser aufzulösen, auch wenn sie noch auf den Wellen tanzt? Will er sein Bistum in Verwirrung stürzen, indem er ihm eine Sonderliturgie geben will? Merkt er nicht, dass er sich mit solchen Äußerungen geradezu lächerlich macht?


Gleich wie man zu ihm stehen mag, er war einmal eine Art Gigant – und jetzt tut er mir irgendwie leid, dass niemand ihn davor bewahrt, sich zunehmend zu einem Anrenner gegen Windmühlenflügel zu machen.