Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Verschwundene Briefkästen, verschwundene Pfarreien -von Schafen, Hirtenschafen und Schäferhundschafen


Wir haben es alle gerne möglichst bequem. Da gab es zum Beispiel diesen Briefkasten an der Ecke. Kurzer Sprint aus dem Haus, selbst im Winter notfalls ohne Mantel aber im Trab und die Post war unterwegs. Eines Morgens war er weg. Die Besitzer der Hauswand informierten bestürzt Post und Polizei, um feststellen zu müssen, dass es eine Nacht-und-Nebel-Aktion der Post selbst gewesen war. Um Briefkastenentleerungspersonal einzusparen, wurden einfach viele Briefkästen entfernt. Und weil man Widerstand der Bevölkerung einkalkulierte, wurde die Aktion nachts durchgezogen.
Seitdem erfordert das Versenden von Briefen strategische Planung: Entweder 10-15 Minuten Gehzeit hin und zurück oder Abänderung von Fahrtstrecken, um einen Briefkasten anzusteuern, in dessen Nähe ein kurzes Halten möglich ist. 

Mancher Brief bleibt deshalb länger liegen oder wird nicht geschrieben oder ich weiche auf Email aus. Aber es gibt Fälle, in denen das nicht geht. Denn im Versäumnisfall drohen behördliche Maßnahmen oder Geldverluste. Oder private Kollateralschäden durch verletzte Mitmenschen. Natürlich kann ich dann die Zusatzzeit finden, die der Briefkastenbesuch benötigt.

Mit den Pfarreien ist es derzeit ähnlich. Fast über Nacht werden aus mehreren eine. Die Bistumsleitung und/oder der Pfarrer wissen, dass anstehende Reduktionen Unmut auslösen können und werden. Darum werden manchmal blitzschnell vollendete Tatsachen bekanntgegeben.
So wie wir hier noch nach Jahren über den fehlenden Briefkasten murren, ist auch die Empörung der Kirchenbesucher groß. Denn in beiden Fällen besteht der Eindruck, dass hier nur auf Kosten der Betroffenen und ohne Rücksicht auf sie der Service stark eingeschränkt wurde.
So wie bei der Post das Briefvolumen schon vorher zurückgegangen war, so dass die Briefkästen nicht ausgelastet waren, so ist auch der Kirchenbesuch ständig rückläufig und Gottesdienste sind schlecht besucht. Die Post reduzierte ihr Personal um Geld zu sparen, der Kirche fehlen mehr Priester. Und dann ist da die kränkende Eindruck, dass die Bedürfnisse der Betroffenen  einfach unter den Tisch gekehrt werden. Wer mag schon wegrationalisiert werden.

Die Post ist ein Service, der sich bezahlen lässt. Für Geld wollen wir Leistung sehen.
Die Kirche erhält in Deutschland Kirchensteuer. Und naja, für Geld will man Leistung sehen.

Nur, dass die Post ein Servicebetrieb ist.
Die Kirche sind – auch wenn dieser Begriff von anderen vereinnahmt ist – wir selbst.

Bischöfe sind (zumindest ist das so gedacht) Hirten, keine Dienstleister. Und diese Hirten werden nicht von außerhalb geholt sondern kommen ursprünglich aus der Herde, der ganz großen weltweiten Schafherde. So ein Oberhirte ruft auch aus der großen Herde Unterhirten zu Hilfe, seine Priester, deren Aufgabe es ist, sich um die geistliche Gesundheit und Sicherheit der Herde zu kümmern. Manchmal haben die Hirten dann noch ein paar Schafe im Schäferhunde-Dienst, die ihnen die Laufarbeit abnehmen, denn wenn sie selbst dauernd herumrennen würden, könnten sie keinen Überblick mehr behalten, keine neuen Weideplätze suchen, nie verlorene Schäflein suchen gehen oder andere verarzten usw. Wenn der Hirte also ein paar treue Schäferhund-Schafe hat, auf die er sich verlassen kann, kann er die Herde auch einmal auf einem sicheren Weideplatz sich ein wenig zerstreuen lassen, um gutes Gras zu finden und sie selbst kurz aus den Augen lassen. Später sammelt er sie wieder und bringt sie zu einem neuen guten Futterplatz, wo es wieder neues saftiges Gras gibt.

Jetzt kommt es schon einmal vor, dass auch ein Privatmann fünf Schäfchen auf eingezäunten Wiesen hält und diese gut versorgen kann. Aber die großen Schafherden haben oft hunderte von Tieren und wandern.eine Route ab.

Die Oberhirten stehen derzeit vor der Situation, dass es plötzlich viele kleine 10er-, 20er-, 50er-Herden gibt, wo vorher große Herden waren. Die Kleinherden könnten zwar, wo sie stehen, genug Futter finden, aber in den meisten Kleinherden findet sich niemand mehr, der als Hirte geeignet ist. Also meint so ein Oberhirte, es wäre sinnvoll, wenn man die Futterplätze abwechselnd nutzt, aber die Schäflein etwas mehr zusammen bringt, und ihnen so einen gemeinsamen Hirten gibt. Dann muss zwar etwas mehr gewandert werden , damit alle immer frisches grünes Futter haben, aber es bleibt auch niemand völlig sich und den Wölfen überlassen.

Das wäre das Idealmodell. Leider funktioniert das nicht. Dafür kann es verschiedenste Gründe geben. Zum Beispiel bei den Schafen. Manche Schafe mögen die Schafe aus der Nachbarherde nicht und wollen einfach nicht mit denen zusammen weiden. Manche Schafe haben Angst vor dem Wandern. Manche Schafe haben sich an weitgehend hirtenfreies Umherstreifen gewöhnt und möchten keine Schäferhuind-Schafe. Manche Schäferhund-Schafe meinen inzwischen, dass einzelne Schafgruppen ihnen gehören und versuchen die Unter- und Oberhirtenschafe zu beißen. Manche Schäferhund-Schafe jagen einzelne Schafe, die sie nicht mögen, aus „ihrer“ Herde.  Manche Schäferhundschafe möchten nicht herumrennen sondern alles machen,was ein Hirtenschaf macht. Manche Hirtenschafe haben ihre Hirtenaufgaben schon länger nicht mehr ausgeübt. Manche vielleicht weil sie zwischen Schafgruppen hin und her rennen mussten, die sich nicht zusammenführen ließen, andere weil sie von ihren Hunde-Schafen gebissen worden sind, andere sind von ihrem Oberhirtenschafen irgendwie selbst vergessen worden, als sie krank wurden. Es gibt da viele Möglichkeiten. Das Resultat ist jedenfalls ein großes Chaos: Massen von verlaufenen, verletzten, streunenden, kranken und vernachlässigten Schafen, jede Menge verwilderte Schäferhund-Schafe, die manchmal sogar Schafe jagen, Hirtenschafe, die völlig die Übersicht verloren haben, Schafe, die auf kein Hirtenschaf  mehr hören wollen, weil sie einfach nicht mehr glauben können, dass es gute Hirten gibt.

Man könnte das jetzt noch viel weiterspinnen. Aber um es abzuschließen: Ja, ich finde es bedrückend, dass es in meinem Ort schon bald keinen eigenen Pfarrer mehr geben wird. Ja, bei steigenden Benzinkosten, meiner Zeitverplanung und Parkplatzmangel überall ist es unbequem, in andere Ortschaften fahren zu müssen. Und dann eventuell auch noch die Mitnahme von anderen einzuplanen.
Andererseits wenn ich wüsste, dass in 30 Minuten Fahrzeit irgendwo ein wirklich guter Hirte zu finden ist und keiner, der selbst nur ein verlorenes oder verwirrtes Schaf  ist, würde ich das als geringe Unannehmlichkeiten empfinden.
Zwar ist die Lage für mich eher die, dass der einzige gute Hirte derzeit Jesus selbst in der Eucharistie ist (ich habe durchaus Mitgefühl mit den armen überforderten Schafen in Hirtenrolle und will sie hier nicht dissen, ich möchte nur meine unglückliche Schafslage schildern), ist es natürlich besonders ärgerlich fahren und Parkplatz suchen zu müssen, um dann doch nur an ein anderes überfordertes oder resigniertes Hirtenschaf zu geraten, das selbst schon seit Jahren nur braunes zertrampeltes Gras frisst.

Aber meine Überzeugung ist, dass Qualität hier mehr bringen wird als Quantität.
Gebt uns gute Hirten, nur ein paar Handvoll, die das Evangelium ungekürzt und unverwässert verkünden und danach leben und bildet Schäferhund-Schafe aus, die freudig und hingegeben ihre Arbeit machen statt Hirten spielen zu wollen und viele Probleme werden sich lösen. Für eine gute Herde laufe ich auch gerne etwas.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen