Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Plädoyer für Kirchensteuerverweigerer aus Gewissensgründen



Eigentlich hatte ich nicht vor gehabt, in Sachen Kirchensteuer etwas zu schreiben. Vielleicht liegt es daran, dass ich in einer ganz durchschnittlichen Gemeinde aufgewachsen bin und quasi davon geprägt wurde, dass ein Kirchenaustritt hieße, sich nach außen vom Glauben loszusagen. Außerdem wusste ich ja, dass diese Kirchensteuergelder für vieles Gute, Vernünftige und Notwendige eingesetzt werden. Und (leider?) gehöre ich zu den Leuten, die immer erst einen richtigen Anstoß brauchen, um über etwas nachzudenken, das sie eigentlich als gegeben hinnehmen.

Mein „Moment mal“ kam durch einige der Beiträge, die ich jetzt im Internet zum Thema gelesen habe und zwar sind es insbesondere die vielen Polemiken, gerade auch in Zusammenhang mit Stufe 2 des Dialogprozesses in Hannover, die den Kommunionempfang für allen und jeden fordern – nämlich völlig unabhängig von irgendeiner geistlichen Disposition, sprich vorheriger Bereinigung von allem, was in einem Leben „schwere Sünde“ darstellen kann, also in sich zu einer Position führt, die mit dem Willen Gottes nicht vereinbar ist. Und plötzlich stelle ich fest, dass es nach Meinung vieler – wie es den Anschein hat auch etlicher Bischöfe – nur einen einzigen Grund gibt, jemanden von den Sakramenten auszuschließen: nämlich die Bekundung des Kirchenaustritts (oft aus dem alleinigen Wunsch keine Kirchensteuer zahlen zu wollen) vor einer Behörde.

Die merkwürdige Situation ist doch diese:
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       Katholiken, die alle moralischen Regeln ihrer eigenen Kirche brechen - und dazu gehören eine innere Distanz zur Gemeinschaft (= Gottesdienstbesuch nur in Ausnahmefällen, weil sie die Sonntagspflicht als nicht zumutbar empfinden), Tötung der eigenen Kinder (durch sogenannte Verhütungsmittel oder Abtreibung), Förderung der Tötung von menschlichem Leben (durch künstliche Befruchtung, PID, Pränataldiagnostik) und Ignorieren christlicher Auffassungen von Sexualität (nichtehelicher Geschlechtsverkehr aller Art) - sollen aus "Barmherzigkeitsgründen" nicht von den Sakramenten ausgeschlossen werden. So wünschen es einige deutsche Kreise mit katholischer Kirchenmitgliedschaft.
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      Nichtkatholiken sollen ebenfalls aus Gründen der „Gastfreundschaft“ möglichst nicht von Sakramenten ausgeschlossen werden. Das ergibt sich übrigens logisch aus dem Postulat, dass eine Disposition, die die Trennung von schweren Sünden via Bußsakrament, nicht erforderlich ist.

-          Nichtchristen werden aus organisatorischen Gründen und um eventuelle unangenehme Szenen zu vermeiden auch schon mal durchgewinkt, sich die Kommunion abzuholen. Man denke an die Horrorszenarien mancher Schulgottesdienste.

Für all diese Gruppen (außer der letztgenannten, soweit ich weiß) setzen sich in deutschsprachigen Landen Pfarrer- und Theologenkreise ein. Nur eine Gruppe schließt sich nach allgemeiner Meinung vom Kommunionempfang aus: diejenigen, die in Deutschland keine Kirchensteuer zahlen möchten.
Besonders pikant wird die Angelegenheit ja dadurch, dass in diese Gruppe unter anderem auch einige Katholiken fallen, die sich äußerste Mühe geben, sich an die Lehre ihrer Kirche zu halten und die sogar ihre Bereitschaft bekunden, durchaus den kompletten Zehnten ihres Einkommens (mehr als die Kirchensteuer) kirchlichen Einrichtungen widmen zu wollen. Leider sieht man seitens deutscher Bischöfe keine Möglichkeit, dieser Gruppe, die Gewissensvorbehalte hat, wie ihre Gelder verwendet werden, eine zweckgebundene Zahlung zu ermöglichen, die ja letztendlich wohl doch (mit wenigen Ausnahmen) den gleichen Zwecken zugewendet würde wie die Kirchensteuer. Sondern irgendwie schon knallhart werden die Kirchensteuerverweigerer aus Gewissensgründen mit denen gleichgestellt, die eine Trennung von allen katholischen Inhalten wünschen. Ohne jede Gnade und Barmherzigkeit.

Allerdings ergeben sich hier tatsächlich mehrere Fragestellungen:

      1)      Ist der Kirchensteuerverweigerer automatisch wieder aus Ökumenegründen beim Sakramentenempfang toleriert, wenn er angibt, gelegentlich zum Beispiel einen freikirchlichen Gottesdienst zu besuchen, weshalb er dort als Teil der Gemeinde betrachtet wird? Denn da gälte ja die Gastfreundschaftsbegründung.
  
      2)      Ist der Kirchensteuerverweigerer automatisch aus Barmherzigkeitsgründen wieder beim Sakramentenempfang toleriert, wenn er es über sich bringen kann, nicht der katholischen Lehre gemäß zu leben und ja vermuten könnte, dass man ihn nur deswegen diskriminiert? Wenn er sich also durch Leben im Widerspruch zu katholischer Lehrmeinung quasi neu als barmherzigkeitsbedürftige Zielgruppe positioniert? Und wenn ja, wie schwerwiegend müssten diese Verstöße dann sein, um als akzeptabel zu gelten? Reicht es vielleicht einfach, sich nicht mehr um Übereinstimmung, mit katholischer Lehrmeinung zu bemühen?
   
     3)      Was ist, wenn der Kirchensteuerverweigerer ins Ausland fährt? Seine Intention war ja nur, keine Steuer an die deutsche Kirche zu zahlen. Er hatte nie vor, sich von der katholischen Weltkirche zu trennen und sobald er sich im Ausland befindet, liegt seitens der Ortskirche dort ja auch kein Grund vor, ihm die Sakramente zu verweigern, wenn er entsprechend der kirchlichen Ordnung lebt (was in Deutschland zwar irrelevant ist, aber andernorts nicht), die Gemeinde dort vielleicht sogar finanziell unterstützt und seinen Glauben dort öffentlich bekundet.  
   
     4)      Können wir also in grenznahen Gegenden mit mehr Kirchensteuerverweigerern aus Gewissensgründen rechnen, da ja evtl. die katholischen Gemeinden der Nachbarländer denen, die guten Willen durch ein christliches Leben bekunden, barmherzig ihre Skrupel bezüglich der Verwendung deutscher Kirchensteuergelder verzeihen? Insbesondere da die deutschen Bischöfe es ihnen verweigern, ihre Gewissensnöte bezüglich der Verwendung der Gelder zu berücksichtigen und ihnen barmherzig andere Möglichkeiten der Zahlung zu eröffnen?

     5)      Und was ist eigentlich mit denen, die ein Gespräch mit ihrem Pfarrer führen und ihm auseinandersetzen, dass sie sich die ganze Schmach des offiziellen Austritts nur angetan haben, weil sie nicht mehr ertrugen, wie manche der Kirchensteuergelder eingesetzt wurden und dass sie natürlich alle Pfarrprojekte mittragen werden und furchtbar unter der Situation leiden, zu der sie durch den unbarmherzigen Bescheid der deutschen Bischöfe und deren unpastorales Nichteingehen auf ihre Konfliktsituation gezwungen wurden, in dem auch Rom den deutschen Oberhirten kein konzilianteres Vorgehen abtrotzen konnte. Werden sie genauso Gnade finden wie soviele der staatlich wiederverheirateten Geschiedenen, die ihren Hirten ihre Situation darlegen? Oder sollte es für solche Gewissensgründe wirklich keine Barmherzigkeit geben können?

Ich persönlich gehe zwar davon aus, dass der Großteil der Kirchensteuergelder tatsächlich auch in meinem Sinne eingesetzt wird. Aber ich kann durchaus Verständnis aufbringen für Kirchensteuerverweigerung aus Gewissensgründen. Warum eigentlich nicht die deutschen Bischöfe, die sonst für wirklich jeden Bruch des Kirchenrechts Verständnis bekunden und versprechen sich für alle einzusetzen, die sich durch irgendeine Entscheidung selbst von den Sakramenten ausgeschlossen haben?

Ist es wirklich unmöglich, Kirchensteuerverweigerern aus Gewissensgründen einen Sonderweg zu ermöglichen, ihre Solidarität mit der kirchlichen Gemeinschaft zu bekunden?

2 Kommentare:

  1. Schön auf den Punkt gebracht. Noch etwas dran feilen und als offenen Brief an die Bischöfe. Bitteee!

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  2. Nein, ich habe nicht vor einen offenen Brief zu verfassen. Wer das möchte, kann gerne auf die hier aufgeworfenen Fragen zurückgreifen.

    Es ist nur etwas bizarr, zu hören wie hier seitens der deutschen Bischöfe Positionen vertreten werden, deren Absurdität sie gar nicht wahrzunehmen scheinen. Wie da einerseits statt leicht gangbare Kompromisse in einer administrativen Angelegenheit zu ermöglichen, mit den Skrupeln der einen verfahren wird und andererseits vieles als kompromittierbar dargestellt wird, was als grundlegender Glaubensinhalt gar nicht verhandelbar sein kann. Also, sobald es um ein menschengemachtes Abkommen geht (eine Zahlungsregelung) können Ausnahmen nicht toleriert werden, sobald es um gottgegebene Tatsachen geht werden diese als beliebig und den Wünschen von Interessengruppen untergeordnet betrachtet. Da scheint eine gewisse Verwirrung vorzuliegen.

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