Eigentlich hatte ich nicht vor gehabt, in Sachen Kirchensteuer
etwas zu schreiben. Vielleicht liegt es daran, dass ich in einer ganz
durchschnittlichen Gemeinde aufgewachsen bin und quasi davon geprägt wurde, dass
ein Kirchenaustritt hieße, sich nach außen vom Glauben loszusagen. Außerdem
wusste ich ja, dass diese Kirchensteuergelder für vieles Gute, Vernünftige und
Notwendige eingesetzt werden. Und (leider?) gehöre ich zu den Leuten, die immer
erst einen richtigen Anstoß brauchen, um über etwas nachzudenken, das sie
eigentlich als gegeben hinnehmen.
Mein „Moment mal“ kam durch einige der Beiträge, die ich
jetzt im Internet zum Thema gelesen habe und zwar sind es insbesondere die
vielen Polemiken, gerade auch in Zusammenhang mit Stufe 2 des Dialogprozesses
in Hannover, die den Kommunionempfang für allen und jeden fordern – nämlich völlig
unabhängig von irgendeiner geistlichen Disposition, sprich vorheriger
Bereinigung von allem, was in einem Leben „schwere Sünde“ darstellen kann, also
in sich zu einer Position führt, die mit dem Willen Gottes nicht vereinbar
ist. Und plötzlich stelle ich fest, dass es nach Meinung vieler – wie es den
Anschein hat auch etlicher Bischöfe – nur einen einzigen Grund gibt, jemanden
von den Sakramenten auszuschließen: nämlich die Bekundung des Kirchenaustritts
(oft aus dem alleinigen Wunsch keine Kirchensteuer zahlen zu wollen) vor einer
Behörde.
Die merkwürdige Situation ist doch diese:
-
Katholiken, die alle moralischen Regeln ihrer
eigenen Kirche brechen - und dazu gehören eine innere Distanz zur Gemeinschaft (=
Gottesdienstbesuch nur in Ausnahmefällen, weil sie die Sonntagspflicht als
nicht zumutbar empfinden), Tötung der eigenen Kinder (durch sogenannte
Verhütungsmittel oder Abtreibung), Förderung der Tötung von menschlichem Leben
(durch künstliche Befruchtung, PID, Pränataldiagnostik) und Ignorieren
christlicher Auffassungen von Sexualität (nichtehelicher Geschlechtsverkehr
aller Art) - sollen aus "Barmherzigkeitsgründen" nicht von den
Sakramenten ausgeschlossen werden. So wünschen es einige deutsche Kreise mit katholischer
Kirchenmitgliedschaft.
-
Nichtkatholiken sollen ebenfalls aus Gründen der
„Gastfreundschaft“ möglichst nicht von Sakramenten ausgeschlossen werden. Das
ergibt sich übrigens logisch aus dem Postulat, dass eine Disposition, die die
Trennung von schweren Sünden via Bußsakrament, nicht erforderlich ist.
-
Nichtchristen werden aus organisatorischen Gründen
und um eventuelle unangenehme Szenen zu vermeiden auch schon mal durchgewinkt, sich die
Kommunion abzuholen. Man denke an die Horrorszenarien mancher
Schulgottesdienste.
Für all diese Gruppen (außer der letztgenannten, soweit ich weiß) setzen sich in deutschsprachigen
Landen Pfarrer- und Theologenkreise ein. Nur eine Gruppe schließt sich nach
allgemeiner Meinung vom Kommunionempfang aus: diejenigen, die in Deutschland
keine Kirchensteuer zahlen möchten.
Besonders pikant wird die Angelegenheit ja dadurch, dass in
diese Gruppe unter anderem auch einige Katholiken fallen, die sich äußerste
Mühe geben, sich an die Lehre ihrer Kirche zu halten und die sogar ihre
Bereitschaft bekunden, durchaus den kompletten Zehnten ihres Einkommens (mehr
als die Kirchensteuer) kirchlichen Einrichtungen widmen zu wollen. Leider sieht
man seitens deutscher Bischöfe keine Möglichkeit, dieser Gruppe, die
Gewissensvorbehalte hat, wie ihre Gelder verwendet werden, eine zweckgebundene
Zahlung zu ermöglichen, die ja letztendlich wohl doch (mit wenigen Ausnahmen)
den gleichen Zwecken zugewendet würde wie die Kirchensteuer. Sondern irgendwie
schon knallhart werden die Kirchensteuerverweigerer aus Gewissensgründen mit
denen gleichgestellt, die eine Trennung von allen katholischen Inhalten
wünschen. Ohne jede Gnade und Barmherzigkeit.
Allerdings ergeben sich hier tatsächlich mehrere
Fragestellungen:
1)
Ist der Kirchensteuerverweigerer automatisch
wieder aus Ökumenegründen beim Sakramentenempfang toleriert, wenn er angibt,
gelegentlich zum Beispiel einen freikirchlichen Gottesdienst zu besuchen,
weshalb er dort als Teil der Gemeinde betrachtet wird? Denn da gälte ja die
Gastfreundschaftsbegründung.
2)
Ist der Kirchensteuerverweigerer automatisch aus
Barmherzigkeitsgründen wieder beim Sakramentenempfang toleriert, wenn er es
über sich bringen kann, nicht der katholischen Lehre gemäß zu leben und ja vermuten
könnte, dass man ihn nur deswegen diskriminiert? Wenn er sich also durch Leben
im Widerspruch zu katholischer Lehrmeinung quasi neu als
barmherzigkeitsbedürftige Zielgruppe positioniert? Und wenn ja, wie
schwerwiegend müssten diese Verstöße dann sein, um als akzeptabel zu gelten?
Reicht es vielleicht einfach, sich nicht mehr um Übereinstimmung, mit
katholischer Lehrmeinung zu bemühen?
3)
Was ist, wenn der Kirchensteuerverweigerer ins
Ausland fährt? Seine Intention war ja nur, keine Steuer an die deutsche Kirche
zu zahlen. Er hatte nie vor, sich von der katholischen Weltkirche zu trennen
und sobald er sich im Ausland befindet, liegt seitens der Ortskirche dort ja
auch kein Grund vor, ihm die Sakramente zu verweigern, wenn er entsprechend der
kirchlichen Ordnung lebt (was in Deutschland zwar irrelevant ist, aber
andernorts nicht), die Gemeinde dort vielleicht sogar finanziell unterstützt und seinen Glauben
dort öffentlich bekundet.
4)
Können wir also in grenznahen Gegenden mit mehr
Kirchensteuerverweigerern aus Gewissensgründen rechnen, da ja evtl. die
katholischen Gemeinden der Nachbarländer denen, die guten Willen durch ein
christliches Leben bekunden, barmherzig ihre Skrupel bezüglich der Verwendung
deutscher Kirchensteuergelder verzeihen? Insbesondere da die deutschen Bischöfe es
ihnen verweigern, ihre Gewissensnöte bezüglich der Verwendung der Gelder zu
berücksichtigen und ihnen barmherzig andere Möglichkeiten der Zahlung zu
eröffnen?
5)
Und was ist eigentlich mit denen, die ein
Gespräch mit ihrem Pfarrer führen und ihm auseinandersetzen, dass sie sich die
ganze Schmach des offiziellen Austritts nur angetan haben, weil sie nicht mehr
ertrugen, wie manche der Kirchensteuergelder eingesetzt wurden und dass sie
natürlich alle Pfarrprojekte mittragen werden und furchtbar unter der Situation
leiden, zu der sie durch den unbarmherzigen Bescheid der deutschen Bischöfe und
deren unpastorales Nichteingehen auf ihre Konfliktsituation gezwungen wurden, in
dem auch Rom den deutschen Oberhirten kein konzilianteres Vorgehen abtrotzen
konnte. Werden sie genauso Gnade finden wie soviele der staatlich wiederverheirateten
Geschiedenen, die ihren Hirten ihre Situation darlegen? Oder sollte es für
solche Gewissensgründe wirklich keine Barmherzigkeit geben können?
Ich persönlich gehe zwar davon aus, dass der Großteil der
Kirchensteuergelder tatsächlich auch in meinem Sinne eingesetzt wird. Aber ich kann
durchaus Verständnis aufbringen für Kirchensteuerverweigerung aus
Gewissensgründen. Warum eigentlich nicht die deutschen Bischöfe, die sonst für
wirklich jeden Bruch des Kirchenrechts Verständnis bekunden und versprechen sich
für alle einzusetzen, die sich durch irgendeine Entscheidung selbst von den
Sakramenten ausgeschlossen haben?
Ist es wirklich unmöglich, Kirchensteuerverweigerern aus
Gewissensgründen einen Sonderweg zu ermöglichen, ihre Solidarität mit der
kirchlichen Gemeinschaft zu bekunden?
Schön auf den Punkt gebracht. Noch etwas dran feilen und als offenen Brief an die Bischöfe. Bitteee!
AntwortenLöschenNein, ich habe nicht vor einen offenen Brief zu verfassen. Wer das möchte, kann gerne auf die hier aufgeworfenen Fragen zurückgreifen.
AntwortenLöschenEs ist nur etwas bizarr, zu hören wie hier seitens der deutschen Bischöfe Positionen vertreten werden, deren Absurdität sie gar nicht wahrzunehmen scheinen. Wie da einerseits statt leicht gangbare Kompromisse in einer administrativen Angelegenheit zu ermöglichen, mit den Skrupeln der einen verfahren wird und andererseits vieles als kompromittierbar dargestellt wird, was als grundlegender Glaubensinhalt gar nicht verhandelbar sein kann. Also, sobald es um ein menschengemachtes Abkommen geht (eine Zahlungsregelung) können Ausnahmen nicht toleriert werden, sobald es um gottgegebene Tatsachen geht werden diese als beliebig und den Wünschen von Interessengruppen untergeordnet betrachtet. Da scheint eine gewisse Verwirrung vorzuliegen.