Und zwar beziehe ich mich auf seinen in der DT vom Dienstag, 15. April 2014 abgedruckten Leserbrief.
Darin vertritt der Kardinal die Meinung ein verlassener Ehepartner, der darunter litte, dass sein treubrüchiges Gemahl - als wäre nichts geschehen - seine nächste (oder vielleicht auch über- oder überübernächste) Beziehung lebt, als sei er nach katholischem Recht verehelicht (mit dem oder der Neuen) und - nach Meinung des Kardinals ruhig zur Kommunion gehen dürfe, weil das doch barmherzig sei, wenn die neue Beziehung (abgesehen von dem bestehenden Ehebruch, der irgendwie recht irrelevant zu sein scheint) doch völlig christlich lebt also, wenn dieser Verlassene das nicht gut fände, begebe er sich in die Rolle des älteren Bruders in der Geschichte vom verlorenen Sohn.
Also, mir wurde leicht übel, als ich das las. Ich hatte aber keine Zeit durchzudenken, warum sich die Aussage so falsch anfühlt, außer dass ich mit etlichen treuen Katholiken bekannt bin, die von ihren Partnern schnöde abserviert und teils mit den Kindern sitzengelassen wurden und die in der Kraft des Glaubens dennoch treu geblieben und nie eine neue Beziehung eingegangen sind. Ich hoffte erst einmal still, dass sie so einen Satz nie ins Gesicht hören werden. Aber das lässt sich wohl nach soviel Publizität kaum noch vermeiden.
Ich versuchte also gestern einmal logisch über das Argument nachzudenken und kam zu folgendem Schluss:
Ehepartner sind keine Schwestern oder Brüder.
Sonst wäre ja auch die Ehe in keiner Beziehung gültig, mal ganz vordergründig.
Aber was ist denn z.B. ein wesentlicher Unterschied zwischen dem älteren Bruder und dem verlassenen Ehepartner.
1) Da wäre zum einen, den Bruder hat man sich nie ausgesucht. Man kann für den einfach nichts, der ist göttliche Fügung ob nun zum Guten oder Bösen. Den Ehepartner hat man sich ausgesucht, sich bewusst für diese Person entschieden.
2) Der verlorene Sohn begeht kein Unrecht gegen seinen Bruder. Er lässt sich sein Erbteil auszahlen. Das war unschön und eine Belastung für alle aber kein Unrecht. Mit seinem Bruder hat er keinen Vertrag, keine Absprache. Es geht hier um die Eltern. Den älteren Bruder mag es ärgern, aber er hat keinen Schaden.
Der untreue Ehepartner begeht ein Unrecht gegen seinen Vertragspartner. Er bricht sein Wort. Er nimmt dem andern, was diesem gehört und verfügt darüber. Er bringt den anderen in große Schwierigkeiten.
3) Als der verlorene Sohn zurückkehrt, kommt er zu seinem Vater, der dem andern Bruder sein Erbe noch nicht übergeben hat. Hätte er es übergeben, besäße er ein Altenteil, über das er verfügen könnte. Jedenfalls hätte er auch dann etwas, mit dem er seinen verlorenen Sohn willkommen heißen könnte. Er nimmt also etwas von seinem Eigentum und freut sich und feiert.
Der ältere Bruder ist verstimmt, weil er findet, dass der jüngere zu gut wegkommt und besser behandelt wird als er.
Der untreue - in neuer Beziehung lebende - Ehepartner kehrt nicht zurück. Er lässt sich mit dem, was dem andern immer noch gehört (seine Person) nieder. Er bereut nicht, dass er den andern verlassen hat. Er hat keine Intention das zu heilen. Er kommt nicht demütig und bittet da er schon als Ehepartner nichts getaugt habe, würde er gerne wie ein Diener seine verlassene Familie unterstützen und wolle damit zufrieden sein.
4) Der Vater kann dem verlorenen Sohn kein neues Erbteil aussetzen. Er kann mit ihm teilen was er hat. Er kann nicht seinem anderen Sohn wegnehmen, was diesem gehört. Der ältere Bruder muss sich damit abfinden oder seinem Bruder auch Essen und Wohnung gönnen. Sein Problem ist ja, dass er ihm das Elend gönnt.
Der verlassene Ehepartner würde in vielen Fällen seinen untreuen Partner wie der barmherzige Vater zurücknehmen. Aber er will ja gar nicht sondern hat neue Fakten geschaffen. Sie werden gar nicht um Verzeihung gebeten, sie sollen nur aus der Gleichung gelöscht werden, weil sie stören und nach Meinung des untreuen ein Fehler sind und waren.
Ich kann nur sagen verlassene Ehepartner in irgendeiner Beziehung als geistige ältere Brüder des umkehrenden Sohnes zu bezeichnen, die ihm nicht einmal ein freundliches Wort gönnen mögen, zeigt von allem anderen als Barmherzigkeit.
(zur Ergänzung das Originalzitat:
"Ganz abgesehen davon, dass die Absolution nicht vom Ehebruch sondern von der Schuld des Ehebruchs freispricht (freispräche wäre wohl richtiger und ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, wie man von der Schuld des Ehebruchs freisprechen will und gleichzeitig nicht vom Ehebruch), würde sich ein solcher (...) in der Ta wirklich dumm in der Rolle des brav im Hause gebliebenen älteren Sohnes im Gleichnis Jesu begeben, der dem barmherzigen Vater Vorwürfe macht, weil er dem verlorenen Sohn Barmherzigkeit zuteil werden lässt ... Wer so argumentieren würde, hat von Gottes Barmherzigkeit noch gar nicht verstanden."
Ihre mäandrierenden Gedankengänge zeigen ganz hervorragend das Problem, das die römisch katholische Kirche bzw. der römisch katholische Klerus hat. Ihre Ehe- und Sexualdoktrin ist so sehr unbrauchbar, dass die Menschen diese Ehe- und Sexualdoktrin einfach vom Tisch gefegt haben. Kardinal Kasper versucht jetzt ganz vorsichtig, um Menschen wie Sie nicht noch mehr zu verprellen, der Lebenswirklichkeit der Menschen näher zu kommen, wie das lange Tradition in der Kirche hat. In meiner Kindheit war Freitag absolut ein Tag ohne Fleisch. Vorbei! Ich musste noch Gebete gegen die Mischehe auswendig lernen. Vorbei! Geozentrisches Weltbild. Wenn man der Kirche glaubt, vorbei seit 1992! Extra ecclesiam nulla salus. Vorbei? etc. pp
AntwortenLöschenIch lasse das stehen als ein Beispiel zu was es kommt, wenn über Jahrzehnte keine gute und gründliche Katechese gemacht wird.
AntwortenLöschenDas Anliegen des Beitrages war es auch nicht, das ganze breite Problem zu diskutieren, das durch gebrochene Ehen entsteht, sondern darauf hinzuweisen, dass der Kardinal in seinem Vergleich recht grausam mit verlassenen Ehepartnern umgeht, indem er ihnen Missgunst unterstellt.
Es gibt genug Katholiken, die auch heute noch freitags kein Fleisch essen. Übrigens auch Christen anderer Konfession.
Das geozentrische Weltbild war nie ein Glaubenssatz. Ich vermute, das soll ich auf die Affäre um Galilei beziehen, bei der es aber um wissenschaftliche Redlichkeit ging und darum, dass man wissenschaftliche Postulate mit gut fundierten Schlüssen belegen sollte, was bei dem eher schludrig arbeitenden genannten Herrn nicht der Fall war. Seine exakter arbeitenden Kollegen hatten keine Probleme mit ihren Thesen über eine vermutliche heliozentrische Anordnung des Sonnensystems. Dass ein lautstarker aber eher zweitrangiger Wissenschafler zum Helden hochstilisiert wird, geschieht heute auch immer wieder. Die Wissenschaft profitiert davon nicht, sie ist auf exakte Arbeiten angewiesen.
Von Gebeten gegen Mischehen höre ich erstmals. Ich könnte mir vorstellen, dass es Gebete gab, einen Ehepartner zu finden, mit dem man auch den Glauben teilt, was ja durchaus sinnvoll ist, wenn man gedenkt irgendwann Kinder zu erziehen. Das wäre aber dann ein Gebet um etwas gewesen nicht gegen etwas. - Hilfreich wäre hier ein Beispiel mit Quelle, um das diskutieren zu können.