Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Montag, 14. Oktober 2013

in Antwort auf die Kritik an einem "worship song"

Ich vermute, ich spreche jetzt über ein Themenfeld, das dem Großteil der katholischen Leserschaft hier fast so fremd ist wie die geophysikalischen und geochemischen Daten des Saturns; falls sich jedoch ein Freikirchler hierher verirrt haben sollte, sage ich absolut nichts Neues. Es geht um die Welt der "Praise & Worship"- Musik. Einzelne der Lieder haben sich allerdings - meist wohl über die Gemeinschaft Emmanuel oder die Charismatische Erneuerung und darauf folgende Umwege - auch in katholische Gottesdienste verirrt und wirken dort für einige sehr befremdlich. Viele werfen diese Lieder auch in einen Topf mit dem neuen geistlichen Lied, das in eine völlig andere Kategorie gehört.

Man kennt ja noch die landeskirchlichen Gottesdienste: Lieder teils übereinstimmend mit dem Gotteslob, lange Predigt und das war es dann so ziemlich, manche, die lutherischen, ähneln sogar der katholischen Liturgie sehr stark. - Freikirchen sind ganz anders. Schon, da gibt es auch eine Predigt, dann öfters Sketche und theatralische Veranschaulichungen und in den meisten Fällen, die praise-and-worship-Zeit, meist als Lobpreis übersetzt (ich bin da allerdings nicht ganz auf dem Laufenden).
Korrekt müsste es als Lobpreis- und Anbetungszeit übersetzt werden, wobei diese Anbetung eher selten Ähnlichkeit mit einer katholischen eucharistischen Anbetung in Pfarreien hat. Den Lobpreis-Teil prägen eher schnelle rhythmische Lieder, bei denen auch geklatscht, gerufen und gesprungen werden kann. Der Anbetungsteil ist der ruhigere Teil, quasi eine kollektive Zeit persönlichen Gebetes und der Hingabevertiefung an Gott, die musikalisch moderiert wird und während der der Lobpreisleiter bzw. der Gottesdienstleiter bzw. andere Impulse geben können, die zur Vertiefung des geistlichen Lebens führen sollen.

Und jetzt muss man etwas wissen: diese Gebetstreffen sind gewöhnlich radikal evangelistisch (=missionarisch) augerichtet. Sie dienen nicht in erster Linie dem Glaubenswachstum der Gemeindemitglieder; dafür gibt es Hauskreise und manchmal auch spezielle Gottesdienste, sondern hauptsächlich der Evangelisation, d.h. sie sollen für nicht christlich Sozialisierte leicht zugänglich sein. Eine große Leitbildfunktion in der Entwicklung der entsprechenden Konzepte hatte dabei die Willow-Creek-Gemeinde in Chicago, die dann auch weltweit entsprechende Schulungen abgehalten hat. Es geht darum, möglichst wenig spezifisch christliches Vokabular zu verwenden, das Außenstehende nicht verstehen würden und Lieder zu verwenden, die möglichst fließend an die aktuelle säkulare Musik anknüpfen, jedenfalls was die Melodik angeht. Die Texte sind klar christlich motiviert.
Das Konzept ist ein sehr erfolgversprechendes. Nicht nur in Südamerika sondern auch hier in Deutschland lassen sich viele, besonders junge, Leute davon ansprechen, und gehen ihrer ursprünglichen Glaubensgemeinschaft verloren. Da die meisten dieser Gottesdienste das evangelistische ernst nehmen, werden neue angesprochen, möglichst in eigene Hauskreise geschickt und erfahren dort oft die ersten ernstzunehmenden Katechesen ihres Lebens.
In der so säkular angehauchten, wenig hohen kirchenmusikalischen Ansprüchen genügenden Musik fühlen sie sich zuhause. Und man sollte nicht übersehen, dass es da Texte gibt, die die Emotionen tief ansprechen, dass man hier oft in sehr großer Freiheit zu Gott beten kann und die andern ringsum es gleichzeitig tun, ohne dass jemand an größere Konventionen gebunden ist. Wer knien will, kniet. Wer sitzen will, sitzt oder steht oder liegt auf dem Boden. Dinge, die man in einem Gottesdienst der Großkirchen nicht wagen könnte, ohne als durchgeknallt hingestellt zu werden. Aber dort ist ein Freiraum dafür. Oft erscheinen dann erst einmal stärker ritualisierte Formen der Gottesverehrung als rigoristisch und langweilig und behindernd für die Intimität mit Gott. Insbesondere wenn diese eben nie wirklich verstanden wurden.

Es ist unangebracht, sich über worship-lieder wie hier zu mockieren, weil man ihr Umfeld nicht verstanden hat. Das Lied ist im freikirchlichen und charismatischen Umfeld durchaus sehr bekannt. Gewissenserforschung ist dort nicht antiquiert sondern wichtig. "Worship" ist für eine Nicht-Heilige-Messe so zentral wie das Hochgebet in einer ebensolchen. Dass da immer wieder einmal Seelenerforschung betrieben wird, um zu sehen, ob man nicht vom eigentlichen Ziel abgekommen ist, weil die Musik, die Vehikel ist, die Stelle Gottes eingenommen hat beim einen oder anderen, ist durchaus sinnvoll.
Was an "Heart of worship" so geschätzt wird, ist, dass da ein Lobpreisleiter (diese sind oft in der Gefahr eine Art Kultstatus zu haben) um Integrität bei seinem Dienst ringt, was vielen anderen Anlass war, auch ihre Einstellung zu hinterfragen und daran zu arbeiten. Dass so etwas nicht mit einmal getan ist, ist klar. Aber da wird es dann wieder einen anderen und ein anderes Lied geben, das die Frage neu stellt. Das Lied sagt sehr deutlich aus, dass es immer und in allem zuerst um Gott gehen sollte, und ist von daher auch nicht auf Lobpreisleiter beschränkt.

Die einzige Stelle, an der ein Lied wie dieses in eine katholische Messe passen kann, ist meiner Meinung nach die postcommunio. Es ist mehr zum Bedenken und Meditieren der eigenen Beziehung zu Gott gedacht, weniger zum Mitsingen. - Man sollte allerdings bedenken, dass es für eine völlig andere Form von Gottesdienst gedacht ist. Es gehört auch eigentlich in ein Arrangement ähnlich gearteter Lieder, das das persönliche Gebet in Gemeinschaft fördert, eine Komponente, die es in großkirchlichen Gottesdiensten eher selten gibt, manchen sicher erst einmal gar nicht möglich erscheint.

Leider ist die Sicht von Gottesdienst bei uns oft auf den - einzigen - Gottesdienst der Woche, den sonntäglichen verengt, der katholischerseits nun einmal eine heilige Messe sein sollte. Der Wunsch, fremde Gottesdienstformen und die ihnen entstammende Musik da zu integrieren, stößt selbstverständlich auf einige Hindernisse, die von den begeisterten Anhängern dieser Lieder nicht bedacht werden: es ist ein kultureller Konflikt. Das große Problem ist, dass es bei uns einen großen Mangel an zusätzlichen Gottesdienstformen gibt, die auch für diese Lieder mit ihrem nachweisbaren evangelistischen Potential bieten. Und daran wird sich nichts ändern, solange die motiviertesten Katholiken ihre "Sonntagspflicht"  mit der "Pflichtmesse" abgehakt haben und dann ihren Hobbies nachgehen für den Rest des Tages. Evangelistischer Einsatz geht anders.

Ich wende mich hier auch klar dagegen, die Sonntagsmesse in eine evangelistische Veranstaltung umzufunktionieren. Die heilige Messe kann natürlich auch völlig Außenstehende ergreifen, allerdings selten in der Form, in der sie seit ihrer Reform in vielen Pfarreien abgehalten wird, wohl alles Geheimnisvolle und Faszinierende akribisch entfernt und zugedeckt wurde - normalerweise braucht sie allerdings gründliche Einführung und katechetische Vorbereitung, und die gibt es fast nirgends mehr. Dennoch ist sie das unverzichtbare Kernstück für den katholischen Glauben.
Evangelistische Gottesdienste mit ihren Liedern könnten ein Einstieg dazu werden - allerdings nur über eine nachfolgende Arbeit der Sozialisierung und Katechese in Kleingruppen/Hauskreisen.Versucht man den langen und unbequemen Weg abzukürzen, wird man niemandem mehr gerecht. Weder den Suchenden, noch denen, die Bestärkung oder Vertiefung brauchen.
Und besonders unkonstruktiv ist es, Dinge die als (Neu-)Einstieg in das geistliche Leben dienen können (sie tun es für viele) als zu säkular und nicht gediegen genug abzulehnen und zu belächeln.

persönliches P.S.: In meiner Pfarrei werde ich sonntäglich mit der einer Mischung von Thurmaier-Liederkatalog und uralten neuen geistlichen Liedern (alles aus dem Gotteslob) traktiert - DAS ist auch nicht gerade erbaulich und 100% unevangelistisch noch dazu.

4 Kommentare:

  1. also ich bin mir nicht sicher, inwieweit ich dem zustimmen kann.

    Erstmal muss ich mich dagegen wehren, das Umfeld solcher Lieder "nicht verstanden zu haben". Ich kenne das Umfeld sehr wohl, ich war zu Beginn meiner Studienzeit einer evangelikalen Gruppierung verbunden (der Studentenmission) und konnte dort Praise&Worship-Musik an allen Ecken und Enden erleben. Ich fand sie damals schon abstoßend, ich habe auch versucht, mit den Leuten dort eine Diskussion darüber anzustoßen, was leider nicht möglich war. Es kamen immer wieder dieselben Argumente, die auch hier zur Sprache kommen - wir wollen die Menschen ansprechen, darum feiern wir unseren Gottesdienst im Kino und machen eben solche Musik. Dass sie damit einen konkreten Menschen - eben mich - ganz und gar nicht ansprachen, spielte dabei keine Rolle. Gut, ich bin sicherlich musikalisch nicht massengeschmackskompatibel, und bei anderen Leuten funktionierte es dem Vernehmen nach besser. Allerdings kam es mir doch stark so vor, dass in erster Linie den Freikirchlern selbst diese Musik gefiel. Aber auf eine Diskussion, was diese Musik mit einem macht, und ob man sich da am Ende nicht selbst feiert, wollten sie sich nicht einlassen.

    Zweitens erschließt sich mir der Unterschied zwischen dem NGL und Lobpreis nicht richtig. Musikalisch sind sie recht ähnlich, zumal wenn sie im Jugendgruppengebrauch mit Gitarre begleitet werden. Die Lobpreislieder hab ich als rhythmisch etwas vertrackter in Erinnerung, aber nicht wesentlich anders. Vom Text her sind die NGL durchgehend und die Lobpreislieder nur teilweise banal. Aber auch in den Lobpreislieder fand ich keineswegs durchgehend die theologische Tiefe, die Freikirchler ansonsten ja durchaus auszeichnet.

    Drittens, natürlich ist diese Musik in der katholischen Messe fehl am Platz. Und ich würde auch zustimmen, dass die geheimnisbereinigte Form der katholischen Messe Suchende wenig anzieht. Obgleich ich damals durchaus fasziniert zur Sonntagsmesse im Regensburger Dom ging.

    Ich habe aber sowohl in der außerordentlichen Form wie in der orthodoxen Liturgie Menschen getroffen, die gespürt haben, dass hier etwas viel größeres passiert. Mir ging das ähnlich - insbesondere bei der Göttlichen Liturgie. Das geht sicher nicht den Massen so. Aber es sind ja auch viele berufen, aber nur wenige auserwählt.

    Bei den Missionsbestrebungen der Freikirchen hatte ich oft das Gefühl, dass falsche Köder ausgelegt werden. Die Leute kommen zunächst, weil das cool ist im Kino und weil die Musik so mitreißend ist. Dann merken sie, dass dort nette Leute zusammenkommen. Mit denen man auch reden kann, sogar über wichtige und elementare Dinge im Leben. Sie möchten das nicht mehr missen, allerdings ist die Bedingung, um dauerhaft dazuzugehören: Du musst an Christus glauben. So wachsen sie hinein.

    Dieser Mechanismus wurde mir ganz offen von Freikirchlern so beschrieben. Ich finde das etwas unehrlich. Ich denke, dass man nicht von der Feier seiner selbst zu Gott gelangen kann bzw. soll. Das erste sollte die brennende Sehnsucht sein, nicht die coole Musik...

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  2. Es ist eben so, dass die Geschmäcker verschieden sind. Und da ich persönlich ein paar kenne, die auch den kompletten Kurs von Kirchendistanzierung über Freikirchliches zur katholischen Kirche zurück geschafft haben, wobei die Lieder zeitweise eine große Rolle spielten, sollte man das auch akzeptieren.
    Dem, dass man mit diesen Liedern sich selbst feiert, kann ich nur widersprechen. Dann läuft etwas falsch.
    Über die freikirchlichen Methoden bin ich auch nicht glücklich, besonders weil das inzwischen fast unweigerlich zu Wiedertaufen führt.
    Allerdings ist es auch öfter so, dass von den Liedern faszinierte Katholiken, wegen dieser Form der Anbetung aber auch wegen der geistlichen Begleitung durch Kleingruppen, überall nach einem solchen Angebot katholischerseits fragen, bis sie sich resigniert einer Freikirche überantworten.

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  4. na ja, ich habe dies obige Meinungsäußerung erstmal veröffentlicht, da ich leider in der Kurzanzeige nicht den ganzen Text lesen konnte. Aber nachdem ich die Stelle erreichte, Jesus von Nazareth habe sich "als erster Denker über Gott erheben können", habe ich es doch wieder gelöscht, weil das solch barer Unsinn ist, dass man ihn keinesfalls in obiger Form verbreiten sollte.

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