Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Samstag, 29. September 2012

Nicht nur Katholiken wallfahren ...

... zu Marienheiligtümern. In diesem Falle Maria Absam in Tirol. Die Geschichte dazu ist unter dem Link nachzulesen.
Bei meinem jüngsten Besuch in Mariapfarr war dort auch eine Wallfahrt nach Absam geplant und der Fahrer erzählte, von den zwei Wallfahrten, die vor und nach den "Pfarr"ern dort einträfen. Die eine davon komme aus Dubai. Offenbar hat sich in diesem islamischen Land herumgesprochen, dass es in Absam ein wundersam erschienenes Abbild der auch dort durchaus verehrten Jungfrau Maria zu sehen gibt, so dass seitdem Wallfahrten dorthin organisiert werden, muslimische Wallfahrten wohlgemerkt.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass im deutschsprachigen Raum die Marienverehrung leider immer noch oft als Ökumenehindernis betrachtet wird, während sie gerade im Bezug auf den Islam ein sehr verbindungsstiftendes Element ist. Insbesondere scheinen viele Muslime durchaus ganz klar zwischen Verehrung und Anbetung unterscheiden zu können (und darum können sie so eine Wallfahrt in Verehrung machen), was vielen deutschsprachigen Christen und Nichtchristen ein völliges Ding der Unmöglichkeit zu sein scheint.


Donnerstag, 27. September 2012

Mariapfarr im 19. Jahrhundert: Wie man eine Wallfahrt systematisch zerstört

Blick in den hinteren Altarraum mit dem derzeitigen Gnadenbild in der Mitte des Altares

Nur um es vorwegzuschicken, die Wallfahrt nach Mariapfarr ist inzwischen wiederaufgelebt. Es kommen des öfteren Busse und auch Einzelbesucher aus dem deutschsprachigen Raum, was sicherlich mehreren Faktoren zu verdanken ist, u.a. der Tatsache, dass Joseph Mohr "Stille Nacht", wohl tatsächlich hier geschrieben hat (auch wenn es dort nicht zuerst in der Kirche gesungen wurde sondern nur in privatem Rahmen), dem Wallfahrts- und Pfarrmuseum, das einige Exponate aufzuweisen hat, die tatsächlich als Exponate von europaweitem Rang gelten und der Pfarrkirche selbst, in der sich sehr sehenswerte Zeugnisse der Kirchenkunst aus etlichen Jahrhunderten finden. Dennoch ist es ein schwacher Abglanz gegenüber der Bedeutung, die die Wallfahrt auf Pfarr im 13. bis 16. Jahrhundert hatte.

Es begann mit der Aufklärung und den Kriegen, bei denen französische Truppen auch in Österreich einmarschierten. Noch einschneidender waren die Anordnungen des Erzbischofes Hieronymus Colloredo; er beschränkte nicht nur die offiziellen Wallfahrtstage und Zahl und Durchführung der Bittprozessionen. Dramatischer war die Aufhebung des Kapuzinerklosters in Tamsweg, das die Wallfahrten von Mariapfarr und St. Leonhard mitbetreut hatte. Ab da fehlten die Prediger und Beichtväter. Eine Abordnung der Lungauer Bauern, die flehentlich baten, die Verordnungen zurückzunehmen, hatte keinerlei Erfolg.


Verheerender allerdings erwiesen sich dann die Moderniesierungsbemühungen mehrerer Pfarrer. So hatte man gegen 1873 begonnen, die fünf sehr wertvollen barocken Seitenaltäre zu entfernen - Neugotik hieß der aktuelle Modetrend, dem alles weichen musste. Man meinte, die neue Einrichtung passe besser zum gotischen Langhaus der Kirche. Gerettet werden Teile dieser Altäre von den Besitzern des Suppanhofes in Pichl, wenige Kilometer südlich von Mariapfarr; sie konnten Teile der zu vernichtenden Altäre abkaufen und errichteten auf ihrem Besitz eine eigene Kapelle dafür, in der die barocken Stücke noch immer zu bewundern sind:







20 Jahre später folgte dann noch der Hochaltar, dessen oberen Teil man noch im Wallfahrtsmuseum finden kann. (kein Bild)

Noch problematischer allerdings war, dass die Gnadenstatue aus dem Friedrich-Pacher-Altar von 1510 ihrer Schmuckgewänder und -ketten entkleidet wurde und sich herausstellte, dass sie stark beschädigt war. Man ließ sie neu vergolden, aber seitdem kursierten Vermutungen, es handele sich gar nicht mehr um das altbekannte Gnadenbild, das doch so anders ausgesehen habe. "Schlagartig hörten die Wallfahrten von auswärts auf und auch im Pfarrvolke ist die früher so hohe Verehrung Unserer Lieben Frau von Pfarr allmählich abgeklungen", schrieb Hw. Prof. Josef Schitter 1986 in einer Denkschrift. Man vermutete, es sei nur eine ebenfalls neugotische Nachahmung. Tatsächlich ist aber unter der Vergoldung von 1894 die tatsächliche Entstehungszeit (1510) dokumentiert.

Auch akutell gibt es Kontroversen um die bauliche Gestaltung, wenn auch wesentlich geringfügigerer Art; es geht um das Kirchengitter, das den Altarraum vom Kirchenschiff abtrennt, hier ein Blick darauf:



Dienstag, 25. September 2012

Und das meint Bono (U2) zum Thema Beschneidung:



Bono (U2, sehr engagiert in der Afrikahilfe) anlässlich des Welt-AIDS-Tages in Time Dec 12, 2011:

„Male circumcision has now come out as being a really powerful tool to fight the disease.“
“Die männliche Beschneidung hat sich jetzt als sehr wirkkräftiges Instrument zur Bekämpfung der Erkrankung erwiesen.”
 (im Kontext genannt neben antiretroviralen Medikamenten und der Eindämmung der Übertragung von Müttern auf ihre Kinder.)
„Those three things together have the effect of lowering between 40% and 60% [the rate] of infections“
“Diese drei zusammen bewirken eine 40 – 60 % geringere Infektionsrate."

Ein gutes Beweisstück dafür, dass die zur Zeit als Körperverletzung in Frage gestellte Beschneidung nicht nur den mindestens 4% Prozent später an Phimose leidenden Jungen und Männern einige Schmerzen und Leiden schon sehr früh erspart, nämlich dadurch, dass der Eingriff gemacht wird, wenn die Heilungskräfte ohnehin am stärksten sind, sondern auch dafür, dass durch eine Entfernung der Vorhaut sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (bei weitem nicht nur HIV) stark reduziert werden.

Es muss nicht immer ein großes Wunder sein

Seit anderthalb Jahren ist bei mir eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis diagnostiziert, die Polymyositis heißt, dabei greift das Immunsystem selektiv bestimmte Teile der Muskulatur an und zerstört sie. Die Schulmedizin behandelt mit starken Immunsuppressiva, die allerdings auch problematische Auswirkungen auf die Entgiftungsorgane Leber und Niere haben und zu einer Serie von ständigen Infekterkrankungen führen. Aus diesem Grund habe ich mich gegen eine solche Behandlung entschieden und selbst Ursachenforschung betrieben und verursacht, die orthomolekularen Einzelmittel (Vitamine, Spurenelemente etc.) zu finden, die die Prozesse zumindest verlangsamen können. Leider ging es trotz aller Bemühungen immer noch stetig bergab, bis am Abend des 14. August für mich ein kleines Wunder geschah: am Vormittag war eine neu bestellte Substanz, Ubichinol, eingetroffen, von der ich gleich eine Kapsel eingenommen hatte. Die Besserung bis zum Abend war für mich frappierend, die seit einer Woche eingesetzte Verschlechterung war bis dahin wieder ganz zurückgegangen und seitdem geht es sehr, sehr langsam aber kontinuierlich aufwärts. (Zu den Details schreibe ich vielleicht auch etwas in meinem kleinen Medizinblog, da das für viele mit Muskelerkrankungen relevant sein könnte.)

Nun ist es an mir durchaus nicht unbemerkt vorübergegangen, dass die Besserung genau mit dem Vorabend von Maria Himmelfahrt begann, was man natürlich für ein völlig zufälliges Zusammentreffen halten kann. Ich entscheide mich einmal, das nicht als reinen Zufall zu sehen und gewissermaßen auch als Dankeschön für die Inspiration, das richtige Mittel zu finden, möchte ich einer Pfarrkirche eine kleine Serie widmen, die ihr Patrozinium an Maria Himmelfahrt feiert. Davon gibt es eine große Auswahl, aber eine zu der ich immerhin einen flüchtigen Bezug habe - wenn auch manchmal mit eher leidvollen Erfahrungen mit der Liturgie dort - ist die von Mariapfarr im Lungau.

Dass Mariapfarr überhaupt einmal ein bedeutenderer Wallfahrtsort war, erfuhr ich eher zufällig im Juli, als ich bei meinen Gastgebern von meinem Ausflug nach Mariazell erzählte. Ich wollte es nicht recht glauben, dachte es sei reiner Lokalpatriotismus, aber da steckte so einiges mehr dahinter, bei dem vieles Interessante zutage kam. Mehr davon im nächsten Beitrag unter diesem Label.

Mittwoch, 12. September 2012

Mariapfarr: Eine Wallfahrt ohne Wunder (?)

"In Mariapfarr hat es nie ein Wunder gegeben", teilte uns die Dame mit, die sehr engagiert durch das - sehr sehenswerte (doch davon ein andermal) Wallfahrtsmuseum des Ortes führte. Und die vielen Votivgaben und Votivtafeln, die sie uns gerade gezeigt hatte? "Das haben die Leute aus Frömmigkeit gemacht. Die haben das dann so gedeutet, wenn ihnen etwas Gutes passiert ist."

Tatsächlich nahm die Mariapfarrer Wallfahrt ihren Anfang nicht aufgrund eines Wunders; die Kirche wurde auch nicht aufgrund einer Erscheinung gebaut; sie ist eine Stiftung, und zwar vermachte der Herr Konrad von Pfarr (Fharr) im Jahre 1217 sein Haus der Kirche als Pfarrhof. Es wird vermutet, dass der älteste Teil der Kirche, das Chorturmgeviert, bis dahin die Kapelle des Gutes war. Dieser ist mit alten (derzeit stark verblassten und durch spätere Ausbrüche für Fenster teilweise zerstörten) Fresken ausgemalt, die aus der Zeit vor 1220 stammen. Die älteste Urkunde, die eine Wallfahrt dokumentiert stammt von 1296; in ihr werden Ablässe für die Marienwallfahrt verliehen.

Es gibt Vermutungen, dass sich schon aus vorchristlicher Zeit eine Art Wallfahrt zu diesem Hügel gebildet hatte. Man fand Steinplatten, die auf ein Vorhandensein des zur Römerzeit verbreiteten Mithraskultes hindeuten. Auch könnte die heutige Krypta unterhalb des Chorturmgevierts (zugänglich ist sie durch die um 1421 erbaute Seitenkapelle des hl. Georg) einstmals als Opferstätte des Mithraskults gedient haben. Dies sind allerdings nur Spekulationen.
Es mag auch sein, dass in Anlehnung an andere Marienkirchen die zu Fharr gehörenden Menschen, wenn sie die Gottesmutter um Hilfe gebeten hatten, schlicht und einfach eine Wallfahrt zu der nächsten ihr geweihten Kirche machten, wenn sie erhört wurden und dass diese Frömmigkeit gefördert wurde. In diesem Sinne kann es an Wundern nicht gemangelt haben. Im Grunde war dies also eine Wallfahrt, der wirklich keine fehlgeleitete Verehrung eines bestimmten Gegenstandes vorgeworfen werden kann, sondern eine, in der der himmlischen Hilfe schlicht eine Verortung in erreichbarer Nähe gegeben wurde, um dort die eigene Dankbarkeit ausdrücken zu können. Wie ja auch jedes Wunder letztendlich nur durch Gott geschehen kann und sich dafür manchmal diverser Mittel und Mittler bedient.

Sicherlich gab es ein Gnadenbild, das so zu einem wurde. Über dessen Verbleib ist allerdings nur wenig bekannt. Es befinde sich in einem amerikanischen Museum, teilt der offizielle Museumsführer mit. Ersetzt wurde es schon vor langer Zeit durch eine Statue, die aus dem Jahre 1510 datiert und evtl. schon lange vor  Ende der berühmten Wallfahrten als Gnadenbild galt. Ganz zu klären scheint das derzeit nicht. Davon dann mehr im nächsten Beitrag, der sich dem Thema widmet, wie man eine weithin beliebte und etablierte Wallfahrt erfolgreich zerstören kann.

Sagt an, wer ist doch diese (Version von 1865, Dreves)

(Original 1638. Joh. Khuen)

Sagt an, wer ist doch diese, die auf am Himmel geht,
die überm Paradiese als Morgenröte steht?
Sie kommt hervor von ferne; es schmücken Mond und Sterne
die Braut von Nazareth.

Sie ist die reinste Rose, ganz schön und auserwählt,
die Magd, die makellose, die sich der Herr vermählt.
O eilet sie zu schauen, die schönste aller Frauen,
die Freude aller Welt!

Sie strahlt im Tugendkleide, kein Engel gleichet ihr,
die Reinheit ihr Geschmeide, die Demut ihre Zier;
ein Blumengart verschlossen, mit Himmelstau begossen,
so blüht sie für und für.

Sie ist der Himmelsheere, der Engel Königin, 
der Heilgen Lust und Ehre, der Menschen Trösterin,
die Zuflucht aller Sünder, die Hilfe ihrer Kinder,
die beste Mittlerein.

Drum fallen wir zu Füßen der Jungfrau gnadenreich
und sie mit Andacht grüßen aus Herz und Mund zugleich;
ihr Leib und Seel und Leben wir gänzlich übergeben 
zur Hut ins Himmelreich.

Die Änderungen in der aktuellen Version von 1972 (GL 588) sind mir nicht immer erklärbar:
In der 1. Strophe "die vor dem Tag aufgeht" - hier wurde wohl die Aufnahme Mariens in den Himmel gekonnt umgangen? Aber warum "im Sonnenglanz erhöht" statt "Braut von Nazareth"??
In Strophe 2 wurde "rein" durch "edel" ersetzt. Wieder warum nur??
Strophe 3 im Gotteslob ist dann eine völlige Neudichtung:
"Du strahlst im Glanz der Sonne                       - vorher strahlte sie in Tugenden
Maria, hell und rein                                          - Reinheit aufgetaucht, Demut gestrichen
von deinem lieben Sohne kommt all das Leuchten dein.
Durch diesen Glanz der Gnaden sind wir aus Todes Schatten kommen zum wahren Schein."

Inhaltmäßig ist da ja nichts dran auszusetzen. Statt Liebeslied und Freude an der Causa nostrae laetitiae mit inkorporierten Anrufungen aus der lauretanischen Litanei eben eine Belehrung, dass man Maria nicht ohne Jesus sehen kann. Aber die ganze Leuchterei ist hauptsächlich ja erst durch die Umdichtungen entstanden und geriet dann in Kollision mit der Gleichsetzung von Jesus selbst als dem "Morgenstern der finstern Nacht".

Ich persönlich habe immer schon gerätselt, warum man Maria hier den Morgenstern angedichtet hat. "Stella maris" etc. hat ja völlig andere Inhalte und Hintergründe. Rätsel halb gelöst: die Morgenstern-Verwechslung kam nur, weil jemand die "Himmelfahrt/Assumptio" raushaben wollte und verlangte dann eine Unterweisung im Liedtext, damit kein totales Durcheinander entsteht. Na ja.

Und dass Strophe 5 mit der Marienweihe flach fiel, wen wundert das schon?
Zur Erklärung für alle mit protestantischen Überlegungen und Vorstellungen Marinierten: Strophe 5 ist keine Anbetungsgeste, sondern ein Anerkennen der eigenen Fehlerhaftigkeit, so dass man Maria, die ja makellos ist, bittet, sich dessen anzunehmen und diese Person mit all ihren kleinen Hässlichkeiten mit ihrer eigenen gottgegebenen Reinheit zu umgeben und sie so vor den Herrn zu bringen. Eine Geste, die das ehrt, was Gott an Maria getan hat und die Gott ehrt, weil man ihm nur das Beste und Schönste geben will, das im Rahmen der eigenen Umstände eben möglich ist. Demut eben, was eine Strophe vorher gestrichen wurde.

Sehr ausführlich erklärt wird dieser Kontext unter anderem in Grignion de Monforts Schriften zur Marienweihe.
Zu Zeiten, in denen die Marienweihe verbreitet war, erforderte das keine weitere Erklärung. Heute ist viel Glaubenswissen verschüttet worden, sodass der Text erst einmal befremdlich wirkt. Doch statt ihn zum Anlass einer erhellenden Katechese in Predigten zu nehmen, ließ man ihn lieber wegfallen. Wie so vieles andere auch.

Traum kontra Berufung

"Es war für sehr schwer für mich, einen Traum, den ich schon so lange hegte, in Frage zu stellen und schließlich aufzugeben. Aber ich musste es tun, nachdem ich zur Überzeugung gekommen war, dass die Schrift die Ordination von Frauen zum Pastorenamt an keiner Stelle rechtfertigte.
Als mir das klar wurde, begann sich mein tiefer Wunsch, ordiniert zu werden, immer mehr zu verflüchtigen. Ich hielt nun Ausschau nach einer anderen Weise, wie der Herr meine Talente und meine Sehnsucht, ihm zu dienen, gebrauchen könnte."

Kimberly Hahn in "Unser Weg nach Rom", Kimberly war zu diesem Zeitpunkt Protestantin und hatte eigentlich vorgehabt, wie ihr Vater Pastor zu werden

Dienstag, 11. September 2012

leichte Beute durch Unwissenheit

"Ich hatte den Eindruck, dass sie (katholische Jugendliche) so alleingelassen und durcheinander waren. Ich war besonders erstaunt über ihr Unwissen - nicht nur was die Bibel, sondern auch was ihre eigene kirchliche Lehre betraf. Aus irgendeinem Grund schienen sie noch nicht einmal die Grundlagen des Katechismus zu kennen. Ich hatte das Gefühl, dass man sie in ihrem eigenen Religionsunterricht wie Versuchskaninchen behandelt hatte. Folglich war mein Bemühen ihnen die 'Irrtümer' ihrer Kirche einsichtig zu machen, ähnlich wie das Jagen von Enten in einer Tonne."

Scott Hahn in "Unser Weg nach Rom"

Leider hat sich an dieser Situation aus den 70er Jahren noch nicht viel geändert, außer dass aus den unwissenden Jugendlichen inzwischen genauso ratlose Erwachsene geworden sind, die ihren Kindern nicht erklären können, was Katholischsein eigentlich bedeutet.

Irrtümlicher Hass

"Es gibt keine hundert Leute in den Vereinigten Staaten, die die römisch-katholische Kirche hassen. Aber es gibt Millionen, die das hassen, was sie fälschlich für die katholische Kirche halten."
Erzbischof Fulton Sheen (+1979, Seligsprechungsverfahren noch im Gange)

Ein nur zu wahrer Satz auch in Deutschland.

Maria, du Schöne

Heute zur Abwechslung einmal ein Liedtext, den ich bei der Internetsuche nirgends finden konnte. Im Gotteslob von 1952 war er unter der Nummer 420 zu finden, jetzt schaffen es nur noch vier Strophen (1,4,7 und 8) in manche Anhänge. Immerhin unterblieb eine Umdichtung. Der Text datiert auf 1865, es soll noch einen älteren aus dem 18. Jahrhundert geben:

Maria, du Schöne,/ das Lied dir ertöne,/ die rein von der Schuld,
Gott Vater dort oben/ zur Tochter erhoben,/ voll Gnade und Huld.

O reineste Taube,/ dich hat, wie der Glaube/ unfehlbar beweist,
noch eh' du geboren,/ zur Braut sich erkoren/ der Heilige Geist.

In dir hat gewohnet,/ der über uns thronet,/ du goldenes Haus.
Der Heil uns und Leben/ allein nur kann geben,/ er ging von dir aus.

Du geistliche Rose,/ du wunderbar Große/ aus fürstlichem Stamm,
vor allen erkoren,/ hast du uns geboren/ das göttliche Lamm.

Dem Heiland das Leben,/ hast einst du gegeben,/ sein Fleisch und sein Blut;
du durftest ernähren,/ in dem wir verehren/ das göttliche Gut.

Wie könnt ich verzagen?/ In Wehen und Plagen/ will ich zu dir schau'n;
in Nöten und Stürmen/ willst du die beschirmen,/ die kindlich dir trau'n.

Vom Schwerte durchdrungen,/ beim Kreuz hat errungen/ der Märtyrer Kron;
im Jünger erkennet/ der Heilund und nennet/ auch mich deinen Sohn.

Gib, daß, wenn wir sterben,/ wir alle dort erben/ der Heiligen Lohn
und Gott mit dir preisen/ und Dank ihm erweisen/ am göttlichen Thron.

Sonntag, 9. September 2012

Warum eigentlich

habe ich im vorigen Post das Bistum Mainz als Beispiel genommen? Es hätte ja jede Menge andere auch gegeben.

Nun, das hat einen guten Grund. Bei so ziemlich jedem andern Bistum besteht die Gefahr, dass sich irgendwelche Pressemenschen plötzlich auf die "schreckliche Verschwendungssucht" dort stürzen und wieder irgendeine Hetze losbricht. Aber in Mainz hat man einen großen Vorteil. Der Herr Kardinal kennt eine ganze Reihe der Leute, die entscheiden, was in ihren Zeitungen gedruckt hat und scheint sich recht gut mit ihnen zu verstehen. Und auch bei Presseleuten gelten gewisse Ehrenregeln: seine guten Freunde nimmt man nur dann in die Mangel, wenn einem sonst andere die dicke Schlagzeile in der Sache rauben würden.

Das war nicht immer der Fall. Ich erinnere mich an seine Anfangszeit in Mainz. Da gab es noch so einiges an gelegentlicher Kritik. Man war vorsichtig, der Bischof stand im Verdacht, sich mit Rom gut halten zu wollen. Also schimpfte man lieber mal gelegentlich auf ihn. So rein prophylaktisch, damit er nicht auf dumme Gedanken kam, vermutlich. Die Gemeindereferenten hielten das jedenfalls so. Ich hatte damals mein Debut als Jugendvertreter im PGR und erinnere mich gut an mein Befremden, dass jemand so über den Bischof herfällt, weil er möglicherweise zum Papst steht. Bis dahin hatte ich völlig naiv gedacht, dass man natürlich loyal zu beiden ist, wenn man katholisch ist.

Jedenfalls schien sich der Verdacht, den man anfangs hatte, zu legen. Direkte Kritik tauchte gar nicht mehr auf, Fragezeichen allenfalls, um ein Podium zu bieten, auf dem der Bischof beweisen konnte, dass er doch genau das Richtige vertrat. Kommentare ließen durchblicken, er könne halt nicht so ganz ehrlich sein, sonst bekäme er Ärger mit Rom. Noch mehr Pressewohlwollen als so etwas ist wohl gar nicht erreichbar. Die reine Hofberichterstattung, die im vorigen Jahr losbrach, kann zum Teil nachlesen, wer in diesem Block auf März bis Mai 2011 blättert.

Jedenfalls wird bei diesem Beispiel für einen recht teuren Bau - der übrigens neben der äußerst gehobenen Einrichtung so hohe laufende Kosten hat, dass normale Gruppen es sich fast gar nicht leisten können, dieses Bildungshaus zu buchen und auf andere Möglichkeiten ausweichen - keine Pressejagd noch nachträglich losbrechen. Aber eine genauere Betrachtung könnte zeigen, wie bescheiden man eigentlich in Limburg ist.

Agonisten der Zwietracht



Streit unter Christen macht generell einen schlechten Eindruck. Es führt nicht geradezu, dass die Umwelt staunt: „Seht, wie sie einander lieben.“ Wobei es natürlich auch auf die Art der Streitführung ankommt. Faire Auseinandersetzungen wirken auch nach außen durchaus ehrlich und können sogar die Glaubwürdigkeit fördern. Problematisch wird, wenn es zu Diffamierungen, Beleidigungen und Unterstellungen kommt.
  
Hier gibt es einen schwierigen Problempunkt und ein Dilemma.

Der Problempunkt ist, dass manchmal Angst aufkommt.  Angst ist immer auch ein Mangel an Gottvertrauen, aber so fest steht der Glaube dann eben doch oft nicht, und auf der Angst Einzelner und von Gruppen können geschickte Manipulatoren spielen wie auf einem Klavier.

Das Dilemma ist, dass um verfahrene Situationen aufzudecken, manchmal eine Veröffentlichung von Missständen notwendig ist, die auch nach außen sehr unschön wirken.
Dennoch hier dürfte gelten, dass Sachlichkeit und ein Absehen von persönlichen Angriffen den Schaden gering halten und den Nutzen groß.  Was sich mit dem Zunehmen an Angriffen und Polemik natürlich umkehrt.

Nun stehe ich auch vor einem Rätsel, wer eigentlich so daran interessiert ist, dass sich die katholische Kirche als Haufen zerstrittener Gruppen präsentiert, die aufeinander mit allen unschönen Mitteln eindreschen.

Ich kann aber beobachten, dass einige heftig daran zu schüren scheinen. Zum Beispiel in Bezug auf Kardinal Woelki. Nachdem es regelrecht scheiterte, ihn als bösen Hardliner darzustellen und sich Massen von Vorwürfen als einfach unhaltbar erwiesen, ging man zur nächsten Masche über: Man versucht ihn als jemand hinzustellen, der auch so seine Kompromisse mit dem Zeitgeist macht. Woelki besitzt anscheinen die rhetorischen Fähigkeiten, den Katechismus so zu zitieren, dass jeder denkt, er habe Revolutionäres geäußert. Und es scheint, irgendwelche Kreise ließen sich dadurch so verwirren, dass sie ihm vorwarfen, die katholische Lehre kompromittiert zu haben.  So geschehen in Bezug auf seine Äußerungen zur Homosexualität auf einer Podiumsveranstaltung auf dem Katholikentag in Mannheim 2012. Ich selbst habe zwar nie etwas von dieser Aufregung schriftlich gesehen, aber der Kardinal nahm in einem Interview darauf Bezug und sprach vom „Internet-Lehramt“.  Leider hat er sich gerade dadurch, was ihm äußerst selten zu passieren scheint, ein wenig aufs Glatteis führen lassen, da das dann auch viele mittraf, die sich gar nicht so unklug verhalten hatten, denn so ein Begriff lässt sich ja dann wieder seitens nicht so Wohlwollender als neuer Hammer verwenden, den man jedem um die Ohren hauen kann, der im Internet schreibt.

Oft aber ist es eben auch ein Mangel an Einstehen für einander, der als Uneinigkeit wirkt. So im Fall Limburg, wenn kaum ein Amtsbruder Bischof Tebartz van Elst gegen unfaire Angriffe unterstützt.

Uneinigkeit – auch in der Vatileaks-Affäre wird das in die Öffentlichkeit transportiert.  In diesem Fall durch unnötiges Veröffentlichen von Interna, das niemandem nützt aber trotzdem in einigem bedauerlich wirkt.

Alle sollten sich jedoch klar sein, dass es Kräfte gibt, denen sehr daran liegt, die Verkündigungskraft der Kirche gänzlich zu schwächen, indem sie auch die Gläubigen dazu verleitet, sich auf eine Art gegenüber anderen zu verhalten, die nur noch abschreckend ist. Agonisten der Zwietracht eben.

Und ich betone nochmal, das heißt nicht, man solle Missstände schweigend vor sich hineitern lassen. Es ist nur wichtig, sich dabei nicht zu Verhaltensweisen hinreißen lassen, die den so Handelnden selbst unglaubwürdig werden lassen.

Samstag, 8. September 2012

Kollegialität?

Angeblich wird die in der Bischofskonferenz ja sehr groß geschrieben. Besonders gerne beruft man sich allerdings wohl darauf, wenn es gilt auf Rechte gegenüber anderen zu pochen und andere, die überstimmt wurden, auf die eigene Linie mitzuverpflichten. Dagegen ist es eher ungewöhnlich, dass ein deutscher Bischof dem andern kollegial zu Hilfe kommt. Man denke an einige Hässlichkeiten im Fall Mixa.

Aber auch in Bezug auf Bischof Tebartz van Elst, dem nun wirklich kaum mehr vorgeworfen werden kann, als dass er keine Ahnung hatte, aus welchen Mücken Elefanten aufgeblasen werden können, zeigte sich bisher wenig Kollegialität, die ja nur verlangen würde, rundheraus zu bestätigen, dass das im Bau befindliche Limburger Diözesanzentrum nun wirklich keine persönliche Extravaganz ist, sondern eine Notwendigkeit für eine vernünftige Leitung des Bistums. Es muss ja nun wirklich niemand auf Bischof Kamphaus eindreschen deswegen, was auch meines Wissens niemand tut, aber das, was nun von einigen als geradezu heiligmäßige Armut und Demut dargestellt wird, hatte doch einige arg in Bedrängnis und so manches arg in Unordnung gebracht. Was es ihn gekostet hat, weiß ich nicht. Was es andere gekostet hat, höre ich gelegentlich.

Da würde schon ausreichen, kurz mitzuteilen, was andere Bistümer sich ihre Diözesanzentren und ähnliches kosten ließen. Ich erinnere mich noch gut, um die hochgezogenen Augenbrauen, als in Mainz der Eltzer Hof zu diesem Zweck recht luxuriös ausgestattet wurde, und Mainz hat sogar einen echten "Bischofspalast" mit großem Garten (die vier geplanten Beete in Limburg entlocken da eher ein Lächeln) - das Ordinariat arbeitet in den Räumlichkeiten. Auch hat sich noch niemand erregt, dass man den Mainzer Bischof selten anders als in schwarzer Limousine vorfahren sieht. Aber in Limburg ist das alles eine Art Todsünde.

Bischof Hanke in Eichstätt hat sich, soweit ich mich erinnere, zugunsten seines Mitbruders schon geäußert. Und jetzt Kardinal Meisner.

Ein wenig verwunderlich ist das eigentlich schon. Oder fürchtet man, dass die Presse auch über die eigenen Diözesanzentren und deren Kosten herfällt?

Hintergründe

Ein paar politische Hintergründe zu den Initiatoren von "Ökumene jetzt" liefert hier Johannes.

Zu ergänzen wäre vielleicht noch, dass es im Vorfeld solcher Aktionen gewöhnlich auch Treffen und Absprachen mit dem einen oder anderen führenden Kirchenmann gibt. Da der Inhalt der Treffen unbekannt ist, ausnahmsweise gibt es da keine "Leaks", könnte das natürlich auch ein Zusammentreffen sein. Auffällig ist dann aber, wenn die in den Aktionstexten durchscheinende Ekklesiologie, also das Kirchenverständnis, auffallend mit dem übereinstimmt, das auch schon von so einem Kirchenmann vertreten wird.

Ein Beispiel für diese Ekklesiologie liefert das Erlebnis von Kingbear, der in Twitter mit einem Theologiestudenten diskutierte, der vertrat, "die katholische Ekklesiologie sei ein unhaltbares Konstrukt und dürfe daher kein Hindernis für die Ökumene sein".

Kennt man nun diese Voraussetzung, ist man weniger verwundert, dass etwas, das sich ökumenisch nennt und damit vermitteln will, alle christlichen Bekenntnisse einbeziehen  zu wollen, dann nicht nur die römisch-katholische Ekklesiologie sondern auch das römisch-katholische Eucharistieverständnis völlig außen vor lässt. Man betrachtet beides eben als "unhaltbares Konstrukt", das "kein Hindernis für die Ökumene sein" darf.
Eine "Ökumene", die mit einer solchen bewussten Ausgrenzung beginnt, verdient allerdings kaum noch diesen Namen.

Allerdings sollte man bedenken, dass sich die betreffenden Politiker gerade dadurch in einem solchen Verhalten bestärkt fühlen, weil sie es von einem angesehenen Theologen und Kirchenmann, oder mehreren, übernommen haben, dass "römisch-katholisch" eine Art Perversion des "ursprünglich Katholischen" sei, und dass sie durch ihr Handeln der "wahren", im Laufe der Jahrhunderte verschüttete Katholizität, die unter römischen Zentralismus und römischer Verbeamtung verschüttet gegangen sei, zum Durchbruch verhelfen wollen.



Freitag, 7. September 2012

von wegen Satire

Es ist alles noch echter als gedacht:

In einem Fragebogen des Pfarrblattes des Bistums St. Gallen gab Joller einige aktuelle Einblicke in seine Standpunkte ... und die Frage, worüber er gern einmal gepredigt hätte, beantwortet er mit „Über den Nutzen der Notlüge und deren Notwendigkeit“.

(ganz unten im verlinkten Text)

Mittwoch, 5. September 2012

Was unterscheidet Ideologie und Wissenschaft?

Das Grundmerkmal ist recht simpel:

Die Wissenschaft beobachtet und verursacht aufgrund des Beobachteten zu erkennen, wie die Wirklichkeit ist.  Sie berücksichtigt dazu auch neu hinzukommende Beobachtungen, um ihre bisherige Deutung zu modifizieren.

Die Ideologie hat eine feste Vorstellung, eine Idee, von etwas entwickelt und bemüht sich mit allen Kräften, alles Beobachtete danach zu werten und zu berücksichtigen, ob es die Ideologie stützt oder untergräbt. Darum neigt sie zum Unterdrücken von Fakten.

Nun kann es zwar vorkommen, dass auch Wissenschaftler eine bestimmte Theorie wie eine Ideologie verteidigen, aber das ist letztendlich unwissenschaftlich.

Ein sehr erhellendes Beispiel für diesen Unterschied findet man hier. Besonders zu empfehlen ist der gut halbstündige verlinkte Filmbeitrag (norwegisch mit englischen Untertiteln).

Ein norwegischer Komiker verfiel auf die Idee herauszufinden, wie gut die Gender-Theorie wissenschaftlich belegt ist. Sein Ergebnis war, dass die Verfechter der Gender-Idee sich wie Ideologen verhielten und keine echte wissenschaftliche Basis vorweisen konnten, während die von ihm Interviewten Wissenschaftler Ergebnisse referierten, ohne etwas ideologisch zu verfechten. Es wird vermutet, dass diese Recherche ursächlich für die Schließung des in zweistelliger Millionenhöhe subventionierten Nordic Gender Instituts war.

Ausgangspunkt für die Fragen des Komikers war gewesen, dass ausgerechnet in Norwegen, in denen die Erziehung besonders genderorientiert ist (d.h. es wird ständig darauf hingewiesen, dass es keinen biologischen Unterschied zwischen Männern und Frauen gebe außer diversen Äußerlichkeiten) eine besonders starke Zuordnung von Frauen zu Frauenberufen und Männern zu Männerberufen aufwies, obwohl das Gegenteil ermutigt wurde. Im Gegensatz dazu zeigten Statistiken aus Entwicklungsländern eine weniger starke Aufteilung in Frauen- und Männerberufe. Es stellte sich heraus, dass Männer und Frauen, wenn sie völlige Wahlfreiheit haben, tatsächlich einfach verschiedene Berufe bevorzugen. Wobei es eine gewisse Streuung gibt, aufgrund der es immer zu an "Frauenberufen" interessierten Männern und an "Männerberufen" interessierten Frauen geben wird.

Besonders unangenehm fällt die (eben sehr ideologische) Argumentation von Verfechtern der Gender-Theorie auf, die große Anstrengungen unternimmt, nachweisbare Tatsachen und Umstände einfach zu ignorieren.

Auch hierzulande ist es sehr wichtig, auf saubere Argumentationen zu drängen. 
Natürlich auch in Gender-Fragen.

Aber zum Beispiel auch bei Dingen wie der heute gestarteten Initiative "Ökumene jetzt", für die etliche Politiker verantwortlich zeichnen. Ein Musterstück ideologischer Argumentation.
Wobei allerdings unklar ist, was das Geforderte bezwecken soll. Die zwangsweise Auflösung aller bestehenden christlichen Gemeinschaften und die Ausrufung einer Einheitskonfession? Derlei Versuche gibt es übrigens schon mehrere, die meisten haben eine Anhängerschaft von gut hundert Verfechtern der gleichen Position.

Gleichheit im Verkehr jetzt!

  • Offensichtlich ist, dass Verkehrsteilnehmer, ob sie nun Rad fahren oder Rolls Royce viel mehr verbindet als unterscheidet. 
  • Unbestritten ist, dass es unterschiedliche Ausführungen, Pflegegrade und Preisklassen von Fahrzeugen gibt. 
  • Entscheidend ist jedoch, dass diese Unterschiede die Aufrechterhaltung der Unterscheidung zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen nicht rechtfertigen.
Oder doch?

Radwege für Autos freigeben. Räder auf die Autobahn. Mindesttempo für Fußgänger. Strafzettel für wegblockierende Leutegruppen wegen Falschparken. Führerscheinpflicht für die Benutzung des Gehsteigs oder Führerscheinfreiheit für alle?
Schließlich sind alle doch nur Menschen, die irgendwohin unterwegs sind und im Vergleich dazu alle Unterschiede vernachlässigbar. Könnte man ja auch mal postulieren.

Soviel zu der an Unlogik (da etliche wesentliche Grundvoraussetzungen nicht berücksichtigend) kaum zu überbietenden Argumentation bei "Ökumene jetzt". Eine Verlinkung spare ich mir, es wird ja wahrscheinlich lang und breit in allen Medien berichtet werden.

Dienstag, 4. September 2012

Wurstelheimer Empfehlungen zur Pastoral (5): Notwendige pastorale `Lügen`



Wir fahren fort mit den Auszügen aus den Pastoraltipps von Pfarrer Schlau aus Wurstelheim. Da die Beiträge zu den übrigen Sakramentenkatechesen sich sinngemäß in vielem mit dem schon Zitierten überlappen, wenden wir uns nun einem moraltheologischen Thema zu, das in vielen Bereichen Fragen der Pastoral berührt, der barmherzigen oder pastoralen Lüge:

„Möglicherweise erstaunt die Überschrift dieses Kapitels, „Die Notwendigkeit der pastoralen Lüge“, die pastoral Unerfahrenen ein wenig. Lügen als Seelsorger, werden sie sich fragen, ist das nicht ein Widerspruch in sich? Das verstößt doch gegen das siebte Gebot!
Hier zeigt sich schon wieder die uns wohlbekannte Starrheit des Denkens: Gebote! Gott will doch unsere Freiheit! Der Originaltext spricht doch nur davon, dass man gegen den Nächsten kein falsches Zeugnis ablegen soll. Selbstverständlich fordere ich meine Gemeindemitglieder nicht zu Falschaussagen vor Gericht auf.
Ganz bewusst habe ich den Ausdruck ‚Notwendigkeit‘ gewählt, nicht etwa ‚Wichtigkeit‘, unsere Worte müssen Not wenden, Barmherzigkeit verwirklichen. Das Gegenteil dessen, was eine brutal an den Kopf geschmetterte ‚Wahrheit‘ bewirken würde. Wer von uns kennt nicht selbstgerechte Menschen, die im Namen der Wahrheit andere mit ihren Worten niederschlagen, wir aber wollen unserem evangeliumsgemäßen Auftrag nach aufrichten!  
In den vorhergehenden Kapiteln habe ich im Rahmen der Sakramentenkatechese bereits auch einige Beispiele erwähnt. Wer würde, um das zu wiederholen, auch einem Sterbenden zusätzliche Last auflegen, indem er ihn an eventuell begangene Fehler erinnert? Wer wird seine nachvollziehbaren Lebensentscheidungen plötzlich zur Sünde deklarieren wollen? Oder wer würde gar trauernden Hinterbliebenen gegenüber Andeutungen machen, es könne angebracht, um das ‚Seelenheil‘ ihres geliebten Verstorbenen zu beten! Das würde ja implizieren, dass er möglicherweise nicht in die Seligkeit gelangt sein könne bisher. Die Bedrückung, die das verursachen würde! Nein, besser ermutigt man sie, in gläubiger Zuversicht davon auszugehen, dass der Verschiedene nun bereits in der Gemeinschaft der Heiligen für sie Fürsprache tun kann. Denn gleich, womit er im Leben zu kämpfen mochte, die allumfassende Barmherzigkeit Gottes hat ihn nun zweifellos aufgenommen.
Dass Kritik an der Lebensführung der uns anvertrauten Gläubigen, die stets nur in Verantwortung vor ihrem Gewissen handeln, völlig ausgeschlossen ist, habe ich ja auch schon dargelegt. Wichtig ist es diese Eigenständigkeit zu fördern und zu betonen, dass jeder in sich selbst die Wahrheit erspüren kann und soll. Unsere Aufgabe ist es, sie vor falschen Schuldgefühlen zu bewahren und bei Zweifeln bestärkend beizustehen.
Der kreative Umgang mit der Wahrheit ist auch dann äußerst wichtig, wenn wir uns mit den unglücklichen Menschen konfrontiert sehen, die sich krampfhaft an Regeln und Ordnungen klammern wollen. Zu ihrer Beruhigung sollten wir gelegentlich an öffentlichen Orten, an denen möglichst wenige  von denen versammelt sind, die wir vor ihren angstmotivierten Verirrungen bewahren müssen, Sätze fallen lassen, die auch ihre Ansichten reflektieren. Gut dazu eignen sich zum Beispiel die Standardgottesdienste, die ohnehin die Zukunftsträger unserer Arbeit kaum ansprechen.
Das löst zugleich das Problem, das manche der uns übergeordneten Stellen, von deren Seite wir leider mit Beobachtung rechnen müssen, dadurch ebenfalls Beweise erhalten, dass wir durchaus das vertreten, was sie als katholische Lehre betrachten. Ein gutes Beispiel hierin gibt uns der eine oder andere Bischof, Namen will ich hier aus verständlichen Gründen nicht nennen.  Mancher ist ein wahrer Meister darin, seine Aussagen im externen und internen Forum äußerst gelungen auszubalancieren, um so optimal wirken zu können.
Wie wir an diesen Vorbildern erkennen können, heiligt der gute Zweck die Mittel, zu denen wir leider manchmal greifen müssen. Natürlich steht in diesem bedauerlichen Werk, das als katholischer Katechismus vertrieben wird, das Gegenteil, der Zweck heilige nie die Mittel. Aber daran können wir schon deutlich sehen, wie gering die Vertrautheit seiner Verfasser mit der pastoralen Wirklichkeit ist.
Obwohl ich natürlich strengstens gegen alle Verbote bin und mit Grauen an die Zeiten der Indexliste der Bücher zurückdenke, habe ich manchmal den Eindruck, dass jenes Buch tatsächlich dort gut aufgehoben sein könnte. Andererseits führt es glücklicherweise selten zu Verwirrungen, da die meisten ohnehin keinen Blick hineinwerfen, da sie uns echte Seelsorger als verlässliche Quelle zu allen wichtigen Glaubensaussagen kennen und wir ihnen verständlicherweise versichern, dass sich die Lektüre nicht lohnt, da man darin eine der Pastoral völlig fernstehende Ansammlung von klerikalen Behauptungen findet, die mit der Lebenswelt normaler Menschen nicht vereinbart werden kann. Auch die bahnbrechenden Erkenntnisse unserer weltweit führenden Theologen sind darin so gut wie gar nicht berücksichtigt. Eine solche Missachtung der Wissenschaft spricht ohnehin für sich.
Am besten belasten Sie auch sich selbst nicht mit dieser deprimierenden Lektüre. Verkünden Sie die Wahrheit, die Gott ihnen ins Herz gelegt hat und sie müssen nicht auf tote, auf Papier geschriebene Worte zurückgreifen. So werden wir schon bald erleben, wie die Barmherzigkeit über den unbarmherzigen Legalismus triumphiert. Unser Lohn ist es, die Heerscharen glücklicher Gläubiger zu sehen, die kirchlicher Bindungen gar nicht mehr bedürfen sondern frei und selbstbewusst das Zeugnis ihres Glaubens in die Welt tragen: Es gibt keine Verdammnis mehr. Wir selbst können unsere Welt in ein Paradies der gegenseitigen Annahme, der Barmherzigkeit und der Toleranz verwandeln.“

Wir bleiben im Gespräch mit dem Verlag, ob wir hier noch weitere Auszüge aus Hochwürden Schlaus lehrreichen Erfahrungen eröffentlichen dürfen.

Montag, 3. September 2012

Wurstelheimer Empfehlungen zur Pastoral (4)




Wir fahren fort mit den Auszügen aus den Pastoraltipps von Pfarrer Schlau aus Wurstelheim:

„Nach diesem kurzen Ausflug in die pastoralen Möglichkeiten der Familiengottesdienste können wir uns fast übergangslos der nächsten Sakramentenkatechese zuwenden, der Vorbereitung der Drittklässler auf die Erstkommunion.
Wie bereits mehrfach ausgeführt ist es von essentieller Bedeutung auch hier das Angebot sehr niedrigschwellig zu halten, da wir davon ausgehen müssen, dass ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Kinder kein Gebet sprechen kann. Wir können jedoch an den beliebten Familienritus vor dem Essen „piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb“ anknüpfen, der in zahlreichen Familien praktiziert wird und uns bereits eine exzellente Vorlage liefert. Den worum geht es bei der Erstkommunion? Um ein Mahl, DAS Mahl per se. Ein Mahl, zu dem alle eingeladen sind, in dem Jesus zusammen mit uns feiert. Sozusagen seine Party, an der wir auch teilnehmen dürfen. Das ist etwas, was alle Kinder leicht erfassen werden, das gemeinsame Genießen der Tischgemeinschaft. Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, dass Verknüpfungen der eucharistischen Mahlgemeinschaft mit traumatisierenden Begriffen wie „Opfer“ pädagogisch äußerst ungeschickt wären. Wir vermitteln Liebe und Annahme.  Darum sprechen wir auch konsequent vom heiligen Brot statt vom „Fleisch und Blut Christi“. Wie sollten Kinder etwas so kannibalisch Klingendes auch verstehen? Sie könnten auf die Idee kommen, dass das Christsein ihnen etwas abverlangen könnte (Opfer), dabei geht es doch darum, sich beschenken zu lassen von der Güte und Liebe Gottes, die alle erreicht.
Wenn sie dieser Leitlinie gut folgen, können Sie auch völlig problemlos eine Einheit zum Sakrament der Versöhnung einfügen.  Vermeiden Sie hierbei nur Begriffe wie „Sünde“ oder gar „Schuld“. Sagen Sie den Kindern, dass das nur eine nette Unterhaltung ist, an deren Ende ihnen noch einmal Gottes Segen erteilt wird. Zeigt sich irgendwo ein Anzeichen von Schuldgefühlen, glätten Sie sofort die Wogen und versichern, dass das doch gar nicht schlimm war. Ich brauche sicher nicht zu erwähnen, dass Sie auf keinen Fall die Kinder kritisieren sollten, indem Sie auf Dinge hinweisen, die sie „falsch“ gemacht haben. Sie wollen doch nicht etwa Ihr Urteil diesen unschuldigen Wesen aufzwingen? Besonders wichtig ist es dann noch, dass diese Versöhnungsfeier auch in irgendeiner Weise feierlich begangen wird. Dafür sollen und dürfen Sie keine Rücksicht auf Kalendertage wie Freitage oder Aschermittwoche nehmen, wahres Fasten zeigt sich ohnehin nicht im Verzicht auf Banales wie verschiedene Speisen sondern in der geistigen Haltung. Und Feiern ist schließlich der Hauptinhalt, den wir in der Erstkommunionkatechese vermitteln wollen. In dieser heiteren Atmosphäre wird der Glaube der Kinder gut gedeihen.
Da die Standardgottesdienste für ältere Gemeindemitglieder leider immer noch persönlichere Gemeindefeiern wie Familien- und Kindergottesdienste  blockieren, achten Sie gut darauf, dass die Kinder nicht von unbedachten Eltern, die meinen, sie damit auf den Empfang des heiligen Brotes vorbereiten zu können, in solche ungeeigneten Gottesdienste mitgenommen werden. Erteilen Sie klipp und klar die Anweisung,  dass nur passende Feiern, die speziell für die Kinder gestaltet werden, besucht werden.  Alles andere wäre in keiner Weise förderlich.
Legen Sie besonderen Wert darauf, dass die Gottesdienste mit den Kommunionkindern besonders bunt und lebendig sind.  Die fröhliche Schar sollte möglichst immer um den Tisch für das heilige Mahl versammelt sein und passenderweise auf Stühlen darum herum Platz nehmen.  Kreative Interaktionen mit viel Malen und Gesang unterstützen die Vermittlung aller wichtigen Inhalte. Gebrauchen Sie nur kindgerechte Texte und streichen Sie möglichst viel unnützes liturgisches Beiwerk. Achten Sie darauf, dass zumindest ein Teil der Kinder stets beschäftigt ist mit dem Vortragen von Texten oder dem Umhertragen des einen oder anderen, das fördert ihre Aufmerksamkeit und das Verständnis. Und vermeiden Sie unter allen Umständen bedrückende Stille und einschüchternde Aufforderungen, sich weniger lebendig zu verhalten, weil das heilige Brot in der Kirche aufbewahrt wird. Mit etwas Glück gelingt es ihnen auch die Kirche so zu renovieren, dass der problematische Tabernakel, der nun einmal als Aufbewahrungsort für die Wegspeisung für die Kranken nötig ist, sich gut abgeschirmt in einem Seitenraum befindet. Eine zentrale Position im Altarraum fördert nur unerwünschte Einwände seitens konservativer Personen, die deswegen ein Verhalten einfordern möchten, dass ich nur verkrampft nennen kann. Jesus liebt diese Kinder und will ihre Freude nicht durch Verbote beeinträchtigen. Und Gott braucht doch keine Verehrung von uns, er will, dass wir glücklich sind. Das ist doch der Kern der Sache.
Jesus liebt dich und will mit dir feiern. Wenn Sie das vermitteln konnten, haben Sie das Ziel der Erstkommunionkatechese erreicht und es bestehen gute Chancen, dass die Kinder noch etwa zwei bis drei Jahre in eigens für sie arrangierte Feiern kommen, bevor sie die problematische Pubertät erreicht haben."

Die Vorabdrucke werden fortgesetzt.