Nachdem wir schon vor einiger Zeit in diesen Nachrichten auf
das Predigtbuch von Hochwürden Peter Schlau verwiesen habe, steht seit neuestem ein weiteres Werk dieses begnadeten
Landpfarrers zur Verfügung, in dem er weniger geübten Kollegen an seinen
epochemachenden pastoralen Ansätzen und Techniken teilhaben lässt.
Freundlicherweise wurde uns die Genehmigung erteilt, einige Auszüge daraus
vorab veröffentlichen zu dürfen.
„Ein wichtiges Feld, in dem Kirche Menschen erreichen
kann, sind die pastoralen Gespräche, die sich anlässlich sakramentaler Anlässe
ergeben. Gerade hier können wir den Menschen von heute vermitteln, dass der Glaube
etwas ganz Persönliches ist und sie in unseren Gemeinden ein Zuhause finden
können, in dem jeder willkommen ist.
Um meine Leser nicht mit rein theoretischen Ausführungen zu
langweilen, wie sie bereits zahlreich vorliegen, möchte ich die wichtigsten
Prinzipien anhand praktischer selbst erlebter Beispiele erläutern. Bitte widmen Sie sich diesen sorgfältig; es
ist äußerst hilfreich in jeder Situation eine passende Antwort bereit zu haben,
mit der unerwünschte Gesprächsverläufe verhindert werden können.
Beginnen wir mit einem einfachen Beispiel, wie der
freisetzenden Kraft des Evangeliums zum Durchbruch verholfen werden kann. Wir
müssen uns vergegenwärtigen, dass unsere Gemeindemitglieder unter der
Knechtschaft ihnen in der Vergangenheit aufoktroyierter Zwänge schmachten und
wir ihnen dringend als erlösende Befreier zu Hilfe eilen müssen. Lassen Sie
sich dabei keinesfalls durch den Anschein täuschen!
Nehmen wir Herrn Josef W. (55 Jahre). Er kam ins
Pfarrbüro, um einen Festgottesdienst anlässlich seiner silbernen Hochzeit zu
vereinbaren. Nach Erledigung der Formalitäten, bei denen ich natürlich äußerst
freundlich und zuvorkommend war, zögerte Herr W. und sagte schließlich: „Herr
Pfarrer, ich war schon gut 20 Jahre kaum in einem Gottesdienst und schon länger
nicht beichten, sollte ich das vielleicht wieder mal machen?“
Hier müssen Sie sich Ihrer Pflichten klar bewusst sein!
Befreien Sie den unglücklichen Mann von seinen jahrzehntelangen Schuldgefühlen!
Treiben Sie ihn keinesfalls tiefer in die Klauen der Zwänge, die sein Leben
bedrängen! Zeigen Sie tiefe Einfühlsamkeit und Barmherzigkeit und versichern
Sie ihm, wie ich das in solchen Situtationen immer mache: „Aber Herr W., Sie
sind doch ein guter Mensch! Sie brauchen doch nicht beichten zu gehen. Sie
haben doch sicher niemanden umgebracht! Nein? Dachte ich mir. Und einen
Banküberfall werden Sie auch nicht gemacht haben? Sehen Sie! Alles ist in
bester Ordnung. Setzen Sie sich da nicht unnötig unter Druck. Sie sind genauso
richtig, wie Sie sind.“
In fast allen Fällen wird der Bedrückte erleichtert aufatmen
und frohgemut von dannen gehen. Sie haben Licht in ein Leben gebracht. Nicht
länger werden dunkle Wolken über ihm dräuen, er weiß jetzt, ich nehme ihn an.
Ich verurteile ihn nicht, wofür auch, den guten normalen Menschen, der da als
redlicher Bürger lebt.“
Soweit der heutige Auszug aus den Wurstelheimer Empfehlungen
zur Pastoral
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