Wir setzen unsere Serie der Wurstelheimer Empfehlungen zur
Pastoral fort.
„ Noch immer ist das Image unserer Kirche zu sehr mit der
Drohbotschaft verbunden, die das Leben der Menschen einengt. Obwohl die junge
Generation eine gesunde Abwehrhaltung gegen diese unterdrückerischen die
Freiheit beeinträchtigenden Überzeugungen besitzt, die das Lehramt noch immer
gegen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse zu verteidigen versucht, werden auch
junge Menschen gelegentlich von Zweifeln befallen, ob sie es wirklich wagen
dürfen, ihr eigenes Leben zu leben. Da war zum Beispiel Lara M., eine
engagierte junge Mitarbeiterin, die regelmäßig als Lektorin und
Kommunionhelferin tätig wurde, wozu ich sie stets ermutigt hatte. Eines Tages
bat sie um ein Gespräch und teilte mir mit: „Herr Pfarrer, ich habe mich nach
längerem Überlegen dazu entschlossen, mit meinem muslimischen Mitarbeiter zu
schlafen. Eine Heirat kommt für uns aus verschiedenen Gründen nicht in Frage,
aber ich sehe das als Liebe meines Lebens.
Allerdings möchte ich mich an die Regeln halten und zumindest nicht mehr
als Kommunionhelferin tätig sein.“
Kann man es glauben?
Ich habe mein bestes getan, ihr diesen Unsinn auszureden: ‚Lara, Sie sind
eine unserer Besten. Was Sie da tun, ist doch eine völlig private Entscheidung
und hat nun wirklich rein gar nichts mit Ihrem Dienst hier in der Kirche zu
tun! Sie wollen sich doch nicht von so ein paar Heuchlern einschüchtern lassen!
Solches Pharisäertum dulde ich nicht in meiner Gemeinde! Sie werden gleich
morgen wieder Kommunion austeilen! Und Sie werden dabei KEIN schlechtes
Gewissen haben. So etwas tut man einfach in Ihrem Alter. Sie haben hier meine
volle Unterstützung.“ Leider konnte ich Frau M. nicht völlig überzeugen. Sie
übte ihren Dienst nur noch wenige Monate aus, bevor sie nicht mehr kam.
In anderen Fällen bin ich erfolgreicher. Jugendliche, die im
Zweifel sind, ob es tatsächlich kein Problem ist, nur gelegentlich (alle paar
Wochen) einen Gottesdienst zu besuchen. Natürlich, versichere ich ihnen, das
ist doch viel häufiger, als andere es tun. Außerdem gibt es ja auch selten
Angebote, die wirklich für sie passen. Das sogenannte Kirchengebot, das den
sonntäglichen Kirchgang fordert, ist völlig antiquiert und überholt und der
Lebenswelt des modernen Menschen in nichts mehr angemessen. Zum Glück kennen das die meisten Jugendlichen
ohnehin nicht.
Es geschieht nur
gelegentlich, dass sie an religiöse Eiferer geraten, die ihre völlig
überzogenen Praktiken, sich am Katechismus (!) – stellen Sie sich das vor, die
haben einen Katechismus (!!!) und lesen gelegentlich da drin, diese reaktionären rechtskonservativen Elemente! –orientierend,
auch jungen Menschen nahebringen wollen und diese dabei in entsetzliche
Gewissenskonflikte stürzen. Aber damit räume ich schnell auf. In den meisten
Fällen haben sie danach keine Probleme mehr, mit ihrem Freund oder ihrer
Freundin zu schlafen, wann immer sie das für richtig halten. Sonst wären sie
ja völlige Fremdkörper in ihrem Umfeld!
Und ich sehe sie auch nur die normalen zwei- bis sechsmal jährlich in der
Kirche. Das ist unsere Zukunft, junge Leute, die in ihrem Umfeld ihre
christlichen Werte leben, in Freiheit und ohne Zwänge, und die so der ganzen
Welt ein Zeugnis geben, was es heißt, katholisch zu sein. Sie wurden von mir
nicht verurteilt, nun verurteilen auch sie niemanden, gleich, wie der die Liebe
leben möchte. Nur so sieht wahre Pastoral aus."
Sie lasen einen Auszug aus Wurstelheimer Empfehlungen zur Pastoral von Hochwürden Peter Schlau
Die Serie wird fortgesetzt.
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