„Nach den zahlreichen Beispielen für Gespräche mit Suchenden
und Ratsuchenden möchte ich mich nun dem Themenkomplex zuwenden, durch den wir immer noch die meisten Menschen
erreichen können: die Sakramentenpastoral. Taufe, Erstkommunion, Firmung,
Eheschließung, Trauerfälle – hier ist Kirche immer noch gefragt. Hier erreicht
Kirche Menschen, von denen sie sich schon lange in allem anderen entfernt und
entfremdet hat. Hier eröffnen sich die Gelegenheiten für eine fruchtbare
Durchdringung der Welt mit dem Evangelium. Hier legen wir die winzigen
Saatkörner, die keiner wahrnehmen kann und die dennoch zu großen Bäumen
wachsen.
Beginnen wir mit der Taufpastoral. Der Zeitplan eines
Pfarrers ist eng, wir sollten dennoch großzügig etwa 45 Minuten veranschlagen
für solche wichtigen katechetischen Möglichkeiten. Diese wertvollen 45 Minuten müssen genutzt
werden, die meisten der Menschen, die uns gegenüber sitzen, werden wir
wahrscheinlich nach dem eigentlichen Tauftermin erst einmal einige Jahre nicht
wiedersehen, aber jetzt können wir ihr Bild von Kirche bleibend prägen. Halten Sie sich noch einmal vor Augen: Auf
keinen Fall Anstoß erregen! Nichts sagen, was wie Kritik wirken könnte! Denken
Sie nicht im Traum daran etwas von Geboten, Vorschriften, Rechten und Pflichten zu
sagen – wir müssen hier Ängste nehmen nicht aufbauen! Erzeugen Sie eine
Atmosphäre von Harmonie und Annahme! Bedingungsloser! Und vor allem KEINE (!!!)
Zwänge oder Vorschriften irgendeiner Art.
Sie gehen hier doch auf die Menschen
ein. Um Himmels willen erwähnen sie nicht gefährliche Worte wie „Gott“, „Jesus“,
„Sünde“ oder anderes Erschreckendes und Abschreckendes. Wir müssen hier
niedrigschwellig (!) arbeiten. Wir sind oft die ersten Kontaktpersonen nach
vielen Jahren.
Sprechen Sie ausdrücklich über die kreativen Fähigkeiten,
die in den Eltern und ihrem Kind schlummern und die jetzt dank der Hilfe der
Kirche zum Ausdruck kommen dürfen. Weisen Sie explizit darauf hin, dass es zwar
kirchliche Regeln, nein Vorschläge , gibt, wie eine Tauffeier durchzuführen
ist, aber dass das im Grunde alles verhandelbar ist. Der Wunsch der Eltern ist
das einzig Wichtige hier. Ermuntern Sie zu kreativer und ganz persönlicher
Gestaltung der Feier mit eigenen Elementen: Gesangseinlagen, Musikstücke aller
Art, Darbietung eigener gestalterischer und dichterischer Kompositionen. Alles,
was von dem unangenehmen und fremden Kirchlichen der Feier ablenkt, ist
unbedingt zu fördern. Beschäftigen Sie
auch die Leute mit kreativen Arbeiten in Vorbereitung auf die Tauffeier, zum
Beispiel der Ausgestaltung von Kerzen. Je mehr sie sich mit dieser Feier
beschäftigen, desto unvergesslicher wird sie ihnen bleiben.
Wichtig ist, dass die
Namen der Mitfeiernden wenn irgend möglich erwähnt werden, nur dann fühlen sie,
dass das ihre Feier ist.
Es steht Ihnen keinesfalls zu, in irgendeiner Form
nachzufragen, wie etwa die christliche Erziehung des Kindes aussehen wird.
Diese Menschen bringen ihr Kind zur Taufe! Wie könnten sie daran zweifeln, dass
sie es auch entsprechend erziehen werden.
Sie müssen davon ausgehen, dass die Ihnen Gegenübersitzenden alles über
das Sakrament der Taufe und Kirche wissen und zutiefst verinnerlicht haben,
alles andere wäre ja beleidigend. Deren persönlichen Lebensumstände sind hier völlig irrelevant.
Sie werden das Kind schon höchstwahrscheinlich irgendwann zur Erstkommunion
anmelden, falls – FALLS – Sie sie jetzt nicht verschrecken, indem Sie sie mit
religiösen Inhalten überfallen. Und die Erstkommunionkatechese wird dann alles
richten. Keine Sorge, die hält man über mehrere Wochen hinweg und danach kennen
sich die Kinder mit allem Wichtigen aus, egal was sie in ihrem Elternhaus nie
gehört haben. Außerdem gibt es auch noch den schulischen Religionsunterricht,
da erfahren die Kinder wirklich alles. Gerade die Erstkommunion eignet sich zur
Katechese der Eltern. Indem sie ihre Kinder unterrichten, bauen sie ihr eigenes
Glaubenswissen auf. Idealer geht es nicht. Aber dazu später.
Seien Sie in allem kompromissbereit! Fast alles kann
gekürzt, angepasst oder ausgelassen werden oder so ausgeführt, dass man gar
nicht merkt, um was es geht. Zum Beispiel dieses unglückliche Gebet um Schutz
vor dem Bösen, auch Exorzismus genannt. Erwähnen Sie das ganz beiläufig in dem
Kontext, das es da eigentlich nichts gibt, das man irgendwie fürchten müsse. Dass das reine Formsache ist. Ein Relikt
unaufgeklärter Zeiten, aber leider, man weiß ja, die in Rom …
Noch ein kurzer aber wichtiger Hinweis: Gelegentlich kommt
es vor, dass Ihnen – möglicherweise als Pate – , es ist wirklich selten, aber
es kommt vor, jemand gegenübersitzt, der nicht schlicht von Glück überwältigt
ist, dass ihm die Ehre zuteil wurde, Pate zu sein. Das ist schließlich eine
Auszeichnung und die damit einhergehenden Verpflichtungen … Sie erinnern sich,
Verpflichtungen sollte man einfach nicht erwähnen! Seien Sie gewarnt, wenn dann
jemand sagt, es sei doch nicht so ganz einfach, der Verpflichtung nachzukommen,
ein Kind christlich zu erziehen. Hier hat sich einer der ewig Gestrigen
verraten. Lassen Sie sich nicht von seinem eventuell jugendlichen Aussehen
täuschen. Das ist eine zwanghafte
Persönlichkeit, die sich an Verbote klammert und voller Ängste ist. Lassen Sie
nicht zu, dass dieser Mensch andere infiziert. Machen Sie ihm
unmissverständlich klar, dass man eine Taufe leicht zu nehmen hat. Erzählen Sie
am besten ein paar Witze! Besser noch natürlich, wenn es Ihnen gelingt, seine
Bedenken ins Lächerliche zu ziehen. Dann sind alle gerettet. Hätten Sie die
Person weiterreden lassen, wären vielleicht Tabuworte wie Gott oder Jesus
gefallen. Das DARF nicht sein. Diese Worte können die Freiheit der Eltern
beeinträchtigen.
Vielleicht eine kleine Schlussanmerkung: Sollte es durch
unglückliche Umstände geschehen sein (wer rechnet auch mit sowas), dass sie das
Kind zweier Nichtchristen getauft haben, ohne dass ihnen das klar war, weil Sie
ja niemandem mit Fragen zu nahe treten wollten, machen Sie sich nichts daraus. Warum
das Kind getauft werden sollte, werden Sie dann sowieso auch nicht wissen, aber
das ist ja auch völlig nebensächlich. Hauptsache getauft. Gott kümmert sich
schon um den Rest. – Wie? Nein, nein. In diesem Pastoralbuch kann ich den
Ausdruck Gott natürlich gebrauchen, wir sind ja hier unter uns und wissen, was
wir darunter zu verstehen haben."
Die Serie mit den Auszügen aus Hochwürden Schlaus "Wurstelheimer Empfehlungen zur Pastoral" wird fortgesetzt.
Die Serie mit den Auszügen aus Hochwürden Schlaus "Wurstelheimer Empfehlungen zur Pastoral" wird fortgesetzt.
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