wysiwyg (= what you see is what you get ) galt schon sehr lange in vielen Fällen nicht mehr, wenn es um Katholisches ging. Während bei vielen Produkten die Piraterie darin besteht, dass das Original täuschend echt kopiert und das Imitat als das Original ausgegeben wird, das sich oft nur in der (erst einmal nicht sichtbaren) Qualität des verwendeten Materials zeigt, hat die Piraterie für den Begriff "römisch-katholisch" noch ganz andere Formen angenommen. In vielen Fällen geht es soweit, als würde man ein völlig anderes Produkt nur mit dem Etikett des Originals bekleben und damit als solches verkaufen. Also, wenn das Original ein T-Shirt mit dem Markenkrokodil darauf wäre, würde man stattdessen etwa eine tiefgefrorene Schokotorte mit dem Krokodil bekleben und als Markenartikel verkaufen. Noch merkwürdiger: während die Firma L**** wahrscheinlich nicht tolerieren würde, dass ihr Markenzeichen jetzt den Verkauf von Schokotorten ankurbeln soll, haben die lokalen kirchlichen Verantwortlichen beflissentlich diversen Organisationen, möglicherweise weil sie einflussreich sind oder zu sein scheinen, gerne die Genehmigung gegeben und verlängert, Ihre Produkte als römisch-katholisch zu deklarieren.
Denn tatsächlich ist das "katholisch" ein geschützter Begriff. Ein Bildungshaus darf sich nur "katholisch" nennen, wenn das Bistum es als solches anerkennt. Das gleiche gilt für Gruppierungen und andere Angebote.
Ob man sich offiziell "katholisch" nennen darf, sollte eigentlich daran gebunden sein, dass man "katholisches" tut und fördert und es gibt da auch Richtlinien anhand derer das definiert werden kann, den Katechismus der katholischen Kirche und das kanonische Kirchenrecht.
Jetzt ist es aber oft so, dass man in Kontakt mit "katholischen" Gruppen oder Einrichtungen kommt, die ganz ausgesprochen Front machen gegen ganz pauschal "den Katechismus" und gegen das Kirchenrecht, das als repressiv bezeichnet wird. Es ist noch nicht einmal eine halbwegs kritische oder gar faire Auseinandersetzung, die Ablehnung ist kategorisch. Exemplarisch ist hier die schon gehörte Aussage "ich will gar nicht wissen, was da drin steht, weil ich es sowieso ablehne". Es wird also abgelehnt auch nur die Begründung für das kennenzulernen, das man nach außen repräsentiert aber in Wirklichkeit ablehnt oder in Extremfällen sogar bekämpft. Dennoch darf hier in vielen Fällen, vermutlich um Toleranz und Meinungsvielfalt seitens der kirchlichen Behörden zu demonstrieren weiterhin offiziell die Bezeichnung katholisch verwendet werden. Dass das für alle Katholiken und Nichtkatholiken, die dann Veranstaltungen solcher Gruppen besuchen sehr irreführend ist, wird in Kauf genommen.
Die gerade in solchen Fällen sehr laxe Handhabung im Umgang mit dem Begriff "katholisch" hat dazu geführt, dass vielfach die Meinung entstanden ist: "Was katholisch ist, definiere ich selbst, schließlich bin ich durch meine Taufe Mitglied der katholischen Kirche."
In Deutschland wird das wohl auch noch länger so bleiben. Aber weltweit zeichnen sich da interessante Entwicklungen ab. So waren in den letzten Wochen zwei Meldungen immer wieder aktualisiert in den Nachrichten: Die päpstlich-katholische Universität in Lima/Peru darf sich nicht mehr länger "päpstlich-katholisch" nennen, weil sie jede kirchliche Einmischung in ihre Interna strikt ablehnt. Natürlich ist man dort empört und hat angekündigt, zumindest das "katholisch" weiterhin im Namen führen zu wollen, gleich was das Bistum oder Rom dazu sagen.
Der zweite große Konflikt spielt sich gerade in den USA ab. Dort wurde ein Verband von Ordensschwestern, LCWR, dringlich seitens des Vatikans ersucht, radikale feministische Theorien und der Sexuallehre der katholischen Kirche widersprechende Meinungen nicht mehr öffentlich zu verbreiten. Nun tagen die so Ermahnten und laut dieser Meldung gibt es Überlegungen, dass "Frauenorden nicht notwendig in kirchenrechtliche Strukturen eingebunden sein müssten". Wer auch immer das meint, wird feststellen müssen, dass sich natürlich Frauen, auch katholisch getaufte, beliebig zu Gruppen zusammenschließen können, aber dass ein Orden immer unter kirchlicher Aufsicht steht, um Missbräuche und Fehlentwicklungen zu verhindern, zum Schutze der Mitglieder. Dieser Aufsicht hatten sich in den vergangenen Jahrzehnten auch ein paar kirchliche Gemeinschaften entzogen, die versucht hatten, einen Weg zwischen Laientum und geweihtem Leben zu gehen. Trotz vieler auch positiver Aspekte kam es zu einigen derartigen Verirrungen, dass die Folgen auch vor weltlichen Gerichten verhandelt werden mussten und sich diese Gruppierungen, eine nach der anderen, neu konstituieren müssen, so sie sich denn weiterhin oder erstmals gültig "katholisch" nennen wollen.
Wäre das nicht schön, wenn auch wir in Deutschland wieder Veranstaltungen eines jeden katholischen Verbandes besuchen könnten, ohne fürchten zu müssen, dass ein Großteil der Zeit dort mit Dekonstruktionen katholischer Glaubensinhalte und Beschimpfungen katholischer Amtsträger verbracht werden. Dass wir dort nicht die neueste Yogatechnik vorgestellt bekommen oder die neueste häretische These sondern dass Glaubensinhalte erklärt, konstruktiv diskutiert und vorgelebt werden? Wo nicht gemeint würde, Liebe zu Nichtchristen bestünde darin, deren Meinung unreflektiert und zu 100 Prozent zu übernehmen, damit sie nicht durch Widerspruch beleidigt werden?
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