Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Donnerstag, 23. August 2012

Das „roher Sex“ kombiniert mit scheinbarer Hilfsbedürftigkeit – Phänomen


Ich nenne es mal so, denn „sex appeal“ scheint mir nicht angemessen. Meine Familie wurde auch schon von einer Frau heimgesucht, die eine solche Ausstrahlung hatte, Lebenspartnerin Nr. 3  meines Buders. Meine erste Bekanntschaft mit ihr war die Stimme. Ich goß die Blumen im Treppenhaus, als eine harte, kalte weibliche Stimme meinen damals knapp 4-jährigen Neffen zusammenstauchte (er sei egoistisch und verzogen), der bei der anstehenden Autofahrt ein bestimmtes Lied auf CD hören wollte. Ups! Ein paar Stunden stellte die Dame sich mir persönlich vor. Es war ein richtig kalter Wintertag. Sie trug einen Ausschnitt, der knapp über den Brustwarzen endete, ein Röckchen, das irgendwie gerade noch das Gesäß bedeckte und ein Make-up, das ihren ohnehin großen Augen in etwa Kuhgröße verlieh aber am denkwürdigsten war die Vorstellung: „Ich bin sterilisiert, also gibt es keine Kinder mehr, das Haus ist mir völlig egal, ich hab ja meine eigene Wohnung und ich liebe ihn ja so sehr, der erste, der sich wirklich um mich kümmert.“ Also, Punkt 1 war ein richtiger Fauxpas, um sich bei einer katholischen Familie beliebt zu machen. Punkt zwei: am nächsten Tag fing sie an, die Wohnung meines Bruders komplett aus- und umzuräumen (die rote Laterne im Fenster sorgte ringsum für Spott und Hohn danach) und alles wegzuwerfen, was ihr missfiel; ich rettete Geschenke der Oma aus dem Müllsack, etwas später wurde leider mein Schreibtisch, den mein Bruder bis dahin annektiert hatte, Opfer des Sperrmülls, bevor ich davon wusste; in meinem Briefkasten fanden sich plötzlich Zigarettenkippen (sie war Kettenraucherin) und – ich hatte mittlerweile die Wohnung gewechselt – jemand bestellte in meinem Namen bei einem Versand Dinge (ich war da vor Jahren Kunde gewesen und die Hefte kamen noch gelegentlich in den alten Briefkasten). Zu Punkt 3: die Liebe war anscheinend so heftig, dass sich das Paar gelegentlich auf offener Straße minutenlang derart abknutschte, dass man sich bei zufälligem Vorbeikommen fragte, ob die Kleider gleich auch noch auf den Asphalt fallen. Bekannte aus umliegenden Dörfern machten Bemerkungen über die Auftritte der beiden als Besucher von Weinfesten.

Und es gab ein seltsames Phänomen: viele Leute, selbst Frauen, waren zunächst völlig von ihr eingenommen. In erster Linie waren es aber die Männer. Ob sie im Ausschnitt oben oder unten oder in den übergroßen Augen versanken, weiß ich nicht. Sie schwärmten von der schönen Frau. Das gab sich gewöhnlich erst, wenn die attraktive Frau den Mund in ihrer Gegenwart länger aufmachte. Da waren die Nachbarn, die immer einen Kampfhund halten, der sich bei ihnen innerhalb weniger Wochen in eine Art schwanzwedelndes Schoßhündchen verwandelt, egal, wie das Tier zu ihnen kommt. Bei ihnen brach die Verzauberung, als ihr Hund beleidigt wurde. Ein ganzer Trupp ging auf Abstand, als beim Public Viewing eines Fußballspiels plötzlich eine Knutschszene hingelegt wurde (man fühlte sich beim Fußball dann doch sehr gestört) und später als die „gut aussehende“ Frau eine Schlägerei in der Gastwirtschaft anfing. Bei meinem Bruder dauerte das alles länger; es musste so einiges Mobiliar zu Bruch gehen. In der Zeit ließ er sich auch einen Teufel eintätowieren, dekorierte sein Auto mit einem solchen. Sie ließ sich auch gerne als Teufelin anreden und konnte herzzerreißend vortragen, dass sie zum christlichen Glauben gefunden habe. Irgendwann, bis dahin mieden ihn schon einige Leute mehr, hatte auch mein Bruder genug und suchte sich was Neues. – Und einige Frauen ergingen sich in Mitleid für die Arme, Abservierte, völlig blind für deren massives Fehlverhalten: Die arme Frau, die es schon so oft so schwer hatte und ihn doch immer noch liebt.

An all das fühle ich mich sehr erinnert, wenn ich sehe, wie die Mehrheit der männlichen Berichterstatter und auch ein paar Frauen  immerfort von den drei armen, schwachen, verfolgten Mädchen (!) daherschwafeln, die so selbstaufopfernd gegen einen bösen Diktator protestiert haben und so unschuldig waren, dass ihnen gar nicht klar war, dass sie sich ausgerechnet vollkommen versehentlich den Altarraum einer Kirche dazu ausgesucht haben, und nicht irgendeiner, sondern einer, die erst seit wenigen Jahren wieder steht, weil sie von den Sowjets niedergerissen worden war und dass sie orthodoxe Gläubige beschimpft haben, muss man ihnen nachsehen, schließlich ist, wer so einer Kirche anhangt, deren Hierarchie schon immer Kompromisse mit den jeweiligen Herrschern zuneigte, sebst schuld und wenn er es wagt, sich darüber zu beschweren, zeigt dass nur, dass er gar kein wahrer Christ ist, der immer die andere Wange hinhält und dass er vollkommen mitleidlos ist, ein echter Pharisäer.
Genauso wie es vollkommen logisch war, dass ukrainische Durchgeknallte als Protest gegen die stattfindende Repression  durch die russisch-orthodoxe Kirche gegenüber diesen unglücklichen Mädchen ein Gedenkkreuz an die vielen tausend Todesopfer der griechisch-katholischen Kirche umsägten, die in sowjetischen Straflagern gestorben sind. (Möglicherweise hatte damals auch die Orthodoxie ein Interesse an der Beseitigung der Abweichler gehabt, aber man bemüht sich da schon lange um Aussöhnung mit den ehemaligen Verfolgern.) Jede Spur von Empörung über den Protestakt weiterer mutiger Frauen zeigt nur, dass diese Katholiken den Tod ja verdient hatten, weil sie Teil einer Gruppe sind, die solch armen mutigen Frauen verweigern möchte, so richtig auf ihre Unterdrückung aufmerksam zu machen und die sich ja sowieso nicht christlich verhalten, weil sie gegen so wichtige Aktionen protestieren. Natürlich nur aus Unbarmherzigkeit und Frauenfeindlichkeit.

Und gar noch die Staatsgewalt anzurufen, um von der gegen diese armen unschuldigen ganz wehrlosen Frauen verteidigt zu werden. Echt unglaublich. Aber so geht das schon seit Jahrhunderten, hat doch auch Augustinus irgendwann nach jahrelangen vergeblichen Verhandlungsversuchen die römische Staatsgewalt um Hilfe gebeten, um zu verhindern, dass die Anhänger der Donatisten weiterhin Dörfer niederbrennen, unter Todesandrohung zur Konversion zwingen und besonders Halstarrigen, bei denen auch Prügel nichts nutzen, Säure ins Gesicht schütteten. Da hat sich doch schon damals die unselige Verquickung von Kirche und Staatsgewalt gezeigt. (Ironiemodus aus)

Angesichts solcher Logik kann man tatsächlich aufgeben, noch auf objektive Beurteilungen zu hoffen.

Meine Güte, ich habe als Katholik doch wirklich keinen besonderen Anreiz, mich ausgerechnet für die russisch-orthodoxe Kirche  einzusetzen, unter der Angehörige meines eigenen Bekenntnisses zum Teil schwer gelitten haben und die mich – möglicherweise – ohnehin nicht als vollwertigen Christen betrachtet, weil ich ja nicht der Orthodoxie angehöre.

Aber ich bin nun einmal schon seit vielen Jahren Mitglied bei einer Menschenrechtsorganisation, und sehe, dass hier Personen zu Verteidigern der Menschenrechte stilisiert werden, die sie selbst bedenkenlos und rücksichtslos anderen nicht zuerkennen wollen. Sonst hätten diese Protestler bedacht, dass sie gerade auf denen herumzutrampeln, die selbst jahrzehntelang Opfer eines repressiven Regimes waren. Statt sich in irgendeiner Weise zu solidarisieren, haben sie die ebenfalls mit Repressalien wohl Vertrauten  noch angegriffen. Nicht an der Seite des gemeinsamen Opponenten sondern als wohlfeiles Opfer, auf dessen Kosten man sich gut profilieren kann. Zwei Fliegen mit einer Klappe erledigt sozusagen: die Regierung un deren ehemaliges Opfer, gegen dessen Eliminierung man vermutlich gar nichts gehabt hätte.

Ach, könnte man doch all den gewogenen Berichtestattern ein paar Wochen Gesellschaft mit den wundervollen bedauernswerten  Mädchen ermöglichen, um sie so richtig gut kennenzulernen! Ich vermute, die meisten wären relativ schnell von mitleidtriefendem Pathos kuriert, wenn sie in den Genuß kämen.

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