Die Geringschätzung dessen, was eine Berufung ausmacht, ist nichts Neues. Ein Fehler zumindest, der wohl schon lange von vielen gemacht wird, ist, dass die Berufung als eine private Angelegenheit betrachtet wird. Aber sie ist ein Charisma, und jedes Charisma ist ein Geschenk Gottes an und für die ganze Kirche. Uns ist das oft nicht im Bewusstsein, aber jeder einzelne Christ ist aus Gottes Sicht obwohl selbst Person Teil des ganzen Leibes Christi und nicht ein Individuum unabhängig davon. Aber das ist eines der Mysterien, die man lange und immer wieder betrachten kann und sollte, um sie besser zu verstehen.
Eine Berufung, zum Beispiel die zum Priester, ist immer ein Geschenk an die Mitchristen, und wer berufen ist, gibt dazu seine Einwilligung, gibt vieles an eigenen Rechten auf und wird zum Teil dieser Gabe. Berufen zu werden, ist eine Wertschätzung, denn es eröffnet den Weg zu einer noch tieferen Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus selbst und dem, wie er sich hingegeben hat. Darum sollte, wer berufen ist, diesen Schatz hüten. Jedoch gilt dies genauso für die, denen dieses Geschenk gilt, dessen Teil der Berufene wird. Jeder sollte so eine Berufung als Schatz sehen, hüten und bewahren.
Ist so eine Berufung gefährdet, sollte alles unternommen werden, sie zu behüten und dem Berufenen, sofern er an ihr festhalten will, helfen, dies zu tun. Denn es geht nicht nur um ihn, es geht um das Geschenk, das für alle da ist und das allen verloren geht, auch wenn der Verlust für seinen Träger am ersichtlichsten ist.
Oft leider wird eine Berufung in keiner Weise als Geschenk gesehen. Das betrifft nicht nur die Familien und Freunde der Berufenen, denen oft nur Unverständnis und Opposition begegnet, sondern leider auch die Inhaber kirchlicher Ämter. Hier stechen zwei Verhaltensweisen hervor.
Die eine ist die, nicht mehr zwischen der allgemeinen Berufung aller Getauften und der speziellen Berufung zum Priester oder gottgeweihten Leben zu unterscheiden. Hier werden oft Berufe mit Berufungen gleichgesetzt. Es besteht aber ein wesentlicher Unterschied zwischen der Berufung eines Gemeindereferenten, der nur Dinge ausübt (mit vollzeitlicher Bezahlung), die teilzeitlich auch durch andere Ehrenamtliche ausgeübt werden und der Berufung zum Priester oder Ordensstand. Zwecks größerer Effektivität hat so ein Laie im kirchlichen Beruf, der aber nur die Berufung jedes Laien ausübt (und gelegentlich sogar die Sonntagsmesse als Arbeitszeit abrechnet) eine zusätzliche Ausbildung erhalten. Die Berufung zum Priester oder Ordensstand geht über eine solche Berufung hinaus, weil sie ein höheres Maß an Einsatz des eigenen Lebens verlangt. Was ein Gemeindereferent tut, kann - in gewissem Rahmen - von jedem Christen erwartet werden. Was ein Priester oder Ordensleute tun, geht darüber hinaus. Dies zeigt sich unter anderem auch in den Versprechen, die von ihnen spezifisch abgelegt werden. Hier nicht zwischen der allgemeinen und der spezifischen Berufung zu differenzieren, wertet die allgemeine Berufung nicht auf, aber die spezielle Berufung und das spezielle Opfer, das mit ihr einhergeht ab. Ungleiches gleich zu nennen ist (hier) unsinnig und gegen jede Gerechtigkeit.
Möglicherweise geht aus der Unklarheit, diese zwei verschiedenen Berufungen auch als solche klar zu differenzieren, die zweite Fehlhaltung hervor, die leider auch bei manchen Bischöfen vorhanden zu sein scheint: Sie sehen ihre Priester, diese Menschen, die ihnen gehorsam sein müssen (sollten, sie haben es vor Gott versprochen) und von ihnen abhängig sind, weitgehend als Angestellte und das Priestertum selbst als das Amt, das damit einhergeht. Die geistliche Dimension, die Untrennbarkeit eines Bischofs von seinen Priestern, die in seinem Namen und Auftrag handeln, ist Außenstehenden gar nicht mehr ersichtlich. Es scheint auch manchen Priestern selbst nicht mehr bekannt zu sein, wenn man die eine oder andere kürzlich entstandene Initiative betrachtet. Da kann es kaum noch verwundern, wenn die simplen Gläubigen davon nichts mehr wissen, die dann versuchen Priester gegen ihren Bischof auszuspielen oder sich gar weigern, von ihrem Bischof die Firmung zu empfangen, wie jüngst in der Schweiz geschehen, und nicht begreifen, dass wer immer im Auftrag ihres Bischofs das Sakrament spendet (und anders als in dessen Auftrag ist es nicht möglich), die Firmung spendet, die er kraft seines Amtes und als ihr Hirte geben kann.
Hier wäre also Diskussion um Berufung notwendig, die wieder hervorhebt, was die Charakteristika der allgemeinen und der spezifischen Berufungen sind.
Hervorragender Beitrag, volle Zustimmung.
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