„Die Kirche ist gegen die Wand gefahren.“ ereiferten sich die deutschen Berufskatholiken. „Wir wollen Reformen.“ - Sie hatten Gelder, sie hatten Erfahrung, sie hatten Mitarbeiter, sie hatten Ressourcen. Und sie gründeten Diskussionskreise.
Der Papst gründete den Rat für die Neuevangelisation. Ein bis zwei Handvoll Menschen, die ein paar Räumlichkeiten und ganz zu Anfang nicht einmal einen Internetanschluss hatten und fast bei Null anfangen mussten. Die Adresse des Rates war zunächst nicht einmal im Internet zu finden. Aber das machte nichts. Man konnte einen Brief ja einfach an diesen Rat und seinen Vorsitzenden in der Vatikanstadt schicken, die vatikanische Post sortierte das dann schon aus.
Die deutschen Berufskatholiken gaben Interviews darüber wie schlecht alles in der Kirche war. Sie forderten Änderungen, die sie natürlich selbst nicht durchsetzen konnten. Sie waren umlagert von Journalisten und bekamen mit ihren Beschwerden und Klagen weiten Raum in den Medien.
Beim Rat für die Neuevangelisation gingen Briefe ein. Gruppen und Einzelne aus aller Welt stellten sich vor und fragten nach, wie sie bei der Neuevangelisation mitarbeiten könnten. Sie hatten bereits verschiedene Initiativen und Projekte in Gang gebracht, waren aber bisher oft sehr auf sich allein gestellt und vereinzelt gewesen und hatten wenig oder keine Resonanz darauf von kirchlichen Stellen vor Ort bekommen, wo man mit anderem beschäftigt war. Manche Gruppierungen luden den Präsidenten des Rates zu sich ein, um ihre Arbeit im Einsatz vorstellen zu können und zu hören, wie man die Neuevangelisation noch besser unterstützen könne. Und der neue Rat antwortete, schrieb, sammelte Kontakte, verschaffte sich einen Überblick.
Die deutschen Berufskatholiken begannen einen Dialogprozess. Daran teilnehmen durften nur streng ausgewählte Präsentanten altbekannter Verbände und Gremien, weil nur diese als wirklich repräsentativ und gewichtig genug gelten konnte. Man bildete Stuhlkreise und hatte einen völlig offenen ungehemmten (= „angstfreien“) Meinungsaustausch, um Änderungswünsche für die Kirche zu sammeln. Erleichtert stellte der ein oder andere fest, dass Rom dabei gar nicht erwähnt wurde und es keinen vorgegebenen einzuhaltenden Rahmen gab. Man erstellte eine Liste von Wünschen.
Der Papst besuchte Deutschland. Wie immer hatte er über all das, was er an zahlreichen Berichten und Rückmeldungen erhalten hatte, sorgfältig bedacht und intensiv darüber gebetet. In mehreren Reden legte er an verschiedenen Orten und vor verschiedenen Personengruppen – aber immer für alle veröffentlicht und miterlebbar – die Grundlagen dar, auf denen die menschliche Gemeinschaft schlechthin beruht, die das Wesen und der Kirche und der Existenz jedes einzelnen Christen ausmachen. Er wies darauf hin, dass alles Tun und Handeln von Jesus Christus ausgehen und in ihm verwurzelt sein sollte und dass kein Mittel dabei zum Belast werden dürfe, der auf dem Weg der Nachfolge Christi nur zurückhält.
In Deutschland diskutierte man eifrig über das, was der Papst nicht gesagt hatte und stellte entschieden klar, dass das, was er gesagt hatte, auf keinen Fall als Kritik daran zu verstehen war, wie man in Deutschland vorging, dass der Papst zwar für das Nichtgesagte zu kritisieren sei, aber an der deutschen Kirche nichts Kritikwürdiges gefunden worden sei, auch wenn manche Äußerungen des Papstes ungeschickterweise ein wenig so geklungen hatten als ob. Man bedauerte, dass der Papst nicht am hierzulande geführten Dialog aktiver teilgenommen hatte.
Der Rat für die Neuevangelisation veranstaltete ein Treffen in Rom, zu dem sich jeder anmelden konnte. Direkte Einladungen erhielten die, die bis dahin schon ein Interesse an der Neuevangelisation bekundet und ihre Initiativen vorgestellt hatten, aber es stand jedem frei, sich ebenfalls zu melden. Sieben Vertreter größerer Organisationen wurden gebeten kurz zu verschiedenen Schwerpunkten und Einsatzgebieten der Neuevangelisation zu referieren. Jede Wortmeldung, die im zeitlichen Rahmen möglich war, wurde von allen gehört. Niemand wurde bevorzugt, niemand als unwichtig angesehen.
Als der Papst eine kurze Ansprache an die Versammelten hielt, in der er erinnerte, dass das Wort Gottes alles bewirken kann, weit über unser Handeln hinaus, wenn wir bereit sind, ihm in uns Raum zu geben und dass wir nur in tiefer Einheit mit Jesus selbst Frucht bringen können, der alles in und durch uns bewirken kann, wenn wir uns ihm zur Verfügung stellen, wurde anstelle der Papsthymne das Lied „Jesus Christus, du bist mein Leben“ angespielt.
Der BDKJ beschwerte sich, nicht eingeladen worden zu sein, obwohl er das Knowhow und die Erfahrung habe, die es im Umgang gerade mit Jugendlichen brauche.
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und wie es hoffentlich nicht ausgehen wird:
Auch Jahre und Jahrzehnte später hielten die Beschwerden noch an, dass das Schiff Kirche einfach die Segel gesetzt hatte und davongefahren war, während seine wichtigsten Insassen doch noch darüber diskutiert hatten, dass es nicht seetüchtig war und wie man sein Ziel besser mit Flugzeugen erreichen könne, für die es allerdings nirgendswo geeigntete Landebahnen gegeben hätte, die natürlich vorher zu errichten gewesen wären. Statt auf die Peilungen der deutschen Spezialisten zu vertrauen, hatte man sich einfach hinreißen lassen, dem „Leitstern“ zu folgen, der da plötzlich hinter den Wolken vorgeleuchtet war.
Ob solcher Kränkungen weigerte man sich natürlich auch ostentativ, in das Boot einzusteigen, das noch einmal zurück an den Strand geschickt worden war. Nur eine neue Verankerung des Hauptschiffes in der versandenden Bucht bis zur Klärung aller Unklarheiten, die natürlich nur mit der Aufgabe des veralteten Schiffes hätten enden können, hätte die Einheit wiederherstellen können.
Armes Deutscheland, armes Land der Gekränkten, der Enttäuschten und Ausgegrenzten...
AntwortenLöschenMir gefällt der Gedanken immer mehr, wie die Weltkirche einfach an Deutschland vorbei fröhlich regiert wird. Aber das wird schon wieder soooo kränken... :)