Als ich 16 war, war ich das erste Mal in Rom. Klassenfahrt. Wochen vorher schon hatten wir abwechselnd Referate über Sehenswürdigkeiten halten und anhören müssen. Da Kunstgeschichte bei mir unter todlangweilig einsortiert war, habe ich mir dabei so gut wie nichts gemerkt. Ich weiß nicht einmal mehr, ob ich auch etwas referieren musste oder nicht. Vermutlich habe ich.
Keines der Referate hat unter den Gemälden und Kunstepochen etc. ernsthaft das erwähnt, warum ich heute einmal wieder viel Zeit für Rom haben möchte: zum Beispiel all das, was durch Kaiserin Helena ausgegraben und dann über diverse Kirchen verteilt wurde.
Meine Haupterinnerungen an die Romfahrt sind: die überfüllte Bahn nach Ostia, deren ohrenbetäubender Krach wie ein Schlafmittel wirkte, eine ungeheuer imposante Pinie auf dem Forum Romanum, das mir von allem am besten gefiel, die römischen Ordnungshüter, die die Krise bekamen, wenn man nur eine Hand in Brunnenwasser tauchte und diese Peinlichkeit bei der obligatorischen Mittwochs-Papstaudienz: Ich war zu dem Zeitpunkt ohnehin nicht sehr begeistert von Papst und Kirche aber da dieser Aufenthalt auf dem Petersplatz nun einmal dazu gehörte, nicht völlig uninteressiert.
Direkt neben uns befand sich eine spanische Gruppe. Schon eine Stunde vor Anfang der Veranstaltung, sprangen sie bei jedem Flugzeug, das sich über den Platz bewegte, auf ihre Stühle und jubelten und winkten. Offenbar in der felsenfesten Überzeugung, der Heilige Vater müsse für die Audienz eingeflogen werden. Und dann erst, als dieser tatsächlich im Papamobil über den Platz fuhr! Ein Stuhl ging bei den Begeisterungsdraufspringern sogar in die Brüche. Und da die Draufspringer in den ersten Reihen saßen, verdeckten sie allen anderen völlig die Sicht. Manche von uns kletterten daher auch auf die Stühle, um noch irgendetwas zu sehen. Ich nicht. Mit grimmiger Miene und verschränkten Armen stand ich da und war wütend über das dumme, primitive und idiotische Verhalten, das für jeden normalen Menschen doch nur unheimlich peinlich sein konnte. Mit denen wollte ich auf keinen Fall in einen Topf geworfen werden. Und dann noch die Deppen, die Fahnen und Plakate schwenken mussten, so dass man erst recht nichts mehr sah. - So stellte sich das für mich damals dar. Von der Ansprache bekam ich auch nichts mit, die war ja italienisch.
(Und man sieht: Ich bin bestimmt niemand, der freiwillig in einen Fanblock beim Fußball geht.)
Seit ein paar Jahren habe ich mehr Verständnis für diese Spanier. Auch wenn ich ihr Benehmen auch weiterhin nicht nachahmen möchte. Wenigsten kann ich es inzwischen verstehen und sehe, dass es sogar die eine oder andere positive Seite hat. Damals fand ich es nur abschreckend. So ist das, wenn man etwas gar nicht versteht.
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