Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Sonntag, 2. Januar 2011

Der Rhein fließt in den Tiber - 6: Intrigen und beschleunigtes Ende. - Die vierte Sitzungsperiode (14.9.-8.12.1965)


Die Diskussion zum Schema über die Religionsfreiheit stand an. Seitens der „Internationalen Vätergruppe (CIP)“  wurden nach jeder Veröffentlichung Verbesserungsvorschläge eingereicht. Zusätzlich wurde beschlossen, künftig das wichtigste aus den Interventionen an den Papst zu schicken, damit der Inhalt nicht einfach verloren gehen konnte. Sie mahnten auch an,  dass bisher die Minoritätenmeinungen in den Kommissionen gewöhnlich nicht angehört würden. Als Antwort wurde ihnen beschieden, dass es zu Spaltungen führen könne, wenn sich Gruppen wie die ihre bildeten. Das war überraschend, denn die Statuten für das Konzil ermutigten zur Bildung solcher Gruppen und diese Gruppe war erst in Reaktion auf die mächtige Gruppe unter deutscher Führung entstanden. Zudem waren alle, die reden wollten, aufgrund der 70 erforderlichen Unterschriften für einen Antrag quasi zur Gruppenbildung gezwungen, wenn sie Erfolg haben wollten.
Obwohl die Kardinäle Döpfner und Suenens eine „pressure group“ betrieben, klagten sie gegen eine andere Gruppe, die sich „Bischofssekretariat“ nannte und ähnliches wie deren eigene Gruppe versuchte – allerdings erst in Reaktion auf die Taten der ersteren Gruppe.

Es wurde angekündigt, die vierte Sitzungsperiode solle die letzte sein. Alles sei so weit vorangekommen, dass das unter Einhaltung aller Regeln leicht möglich sei. Tatsächlich wurde den Kardinälen die Hauptredezeit vorbehalten, einfache Bischöfe konnten nur später am Tag sprechen oder kamen gar nicht dazu, weil die Debatte geschlossen wurde, bevor sie eine Möglichkeit erhalten hatten, zu Wort zu kommen.
Das Schema über die Religionsfreiheit wurde zuerst diskutiert. Satzungsgemäß reichte die CIP ein Ersatzschema zum Verlesen ein. Es wurde ignoriert. –Anmerkung: Es mag ja sein, dass eine Beschäftigung damit, die Diskussion sehr verlängert hätte und dass einige diese Vorschläge indiskutabel fanden – ich weiß es nicht -, aber die Vorgangsweise widersprach den Statuten und der ursprünglichen Idee des Konzils, nämlich zu einem echten Konsens zu kommen.
Trotz allem konnte der Text schließlich in der sechsten Revision angenommen werden; nur 70 Konzilsväter hatten ernsthafte Vorbehalte.

Das Schema über die Kirche in der Welt von heute. Eine wirklich kluge Anmerkung aus meiner Sicht zu dem angeschwollenen Text kam von Bischof Mason von El Obeid im Sudan. Er meinte, der Text sei zu lang, um gelesen zu werden und man solle sich auf die derzeitige Generation beschränken, da zukünftige Generationen ihre eigenen Bischöfe haben würden.
Besonders viel Diskussion erforderte der Teil über Ehe und Familie. Einzelne schienen anzuregen, den Gebrauch von Verhütungsmitteln generell als erlaubt zu betrachten, da die Ehe in erster Linie auf der ehelichen Liebe basiere und nicht auf der Offenheit für Kinder. Dem wurde entschlossen widersprochen. Papst Paul VI sorgte persönlich für eine klare Formulierung der strittigen Passagen.
Beim Kapitel zum Dialog mit den Nichtglaubenden wurden einmal wieder der Satzung widersprechend, ein Verbesserungsvorschlag von 450 Konzilsvätern nicht zur Kenntnis genommen. Ein Bischof schrieb einen Protestbrief deswegen und eine offizielle Untersuchung wurde in Gang gesetzt. Es wurde zunächst erklärt, dass die 450 Interventionen „verschwunden“ waren, dann dass sie zu spät eingetroffen seien. Zwei Erzbischöfe erklärten jedoch, diese persönlich und fristgerecht im Generalsekretariat abgeliefert zu haben. Tatsächlich war der Eingang bestätigt worden und in Wirklichkeit waren sie vom Sekretär der Kommission zurückgehalten worden. Dies sei auch bei vielen anderen Interventionen Praxis gewesen. Anscheinend waren Einzelne interessiert gewesen, dass es keine offizielle Verurteilung des Kommunismus geben solle. Wenn auch daraufhin verschiedene Änderungswünsche doch noch berücksichtigt wurden, wurde der Kommunismus letztendlich nicht erwähnt.
Es waren nicht die letzten Querelen und Intrigen, die um die verschiedenen Kapitel des Schemas stattfanden.

Das Schema über die Missionen wurde nach einigen Nachbesserungen angenommen.
Etwas Seltsames geschah beim Dekret über das Hirtenamt der Bischöfe: Den Bischöfen wurde in Abschnitt 2, Nr. 10 alle Machtbefugnis über die Ordensschulen zugestanden. Die Orden protestierten. Das Dekret wurde das entsprechend korrigiert und angenommen. Dennoch enthielt die für den Druck bestimmte Vorlage der daraus resultierenden Instruktion wieder die gestrichenen Passagen.  Das wurde kurz vor Druck entdeckt, und Papst Paul VI ordnete eine Korrektur vor Druck an.

Es war nicht vorgesehen gewesen, auf dem Konzil über den Zölibat zu diskutieren, der noch allen Konzilsvätern selbstverständlich erschien. Auf die Tagesordnung kam er dennoch, weil die Presse sich unaufhörlich in Meldungen und Spekulationen erging, der Zölibat solle abgeschafft werden.
Es wurde eine entsprechende Passage in das Schema über die Priester eingefügt (nachdem ein vorheriger kürzerer Passus der Kürzung zum Opfer gefallen gewesen war).
Während es weiterhin kein Diskussionspunkt war, ob jemand der den Zölibat versprochen habe, heiraten dürfe, kam während der vierten Sitzungsperiode der Vorschlag auf, verheiratete Männer zu weihen. Anlass dafür war, dass im bisherigen Verlauf des Konzils auch das Diakonat für verheiratete Männer ermöglicht worden war. Ein brasilianischer Bischof, aus den Niederlanden stammend, meinte, nur so könne die Kirche in Lateinamerika gerettet werden. (Anmerkung des Bloggers: Das ist jetzt 45 Jahre her; die Kirche in Südamerika ist meines Wissens immer noch nicht vom Aussterben bedroht.)
123 Konzilsväter stellten den Antrag, man möge schreiben, das Konzil „nehme keine Änderung vor“ bezüglich des Zölibats, statt, es „billige und bekräftige“ ihn. Dies sollte es einem künftigen Papst ermöglichen, den Zölibat abzuschaffen. Das wurde von der zuständigen Kommission abgelehnt, da dies kein ausreichender Grund sei. Stattgegeben wurde dem Antrag, nicht nur Symbol und Zeugnis des Zölibats als Grund für sein Vorhandensein zu nennen, sondern auch die Ermöglichung der innigeren Weihe an Christus. So wurde das Dekret mit 2390 zu 4 Stimmen angenommen.

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