"Ein Paradestück solch tendenziöser Textverkürzung ist die zweite Lesung des sechsten Sonntags nach Ostern. ... Man stutzt und fragt: Was mag die unterdrückten Verse ... der Verlesung wohl unwürdig machen?
Siehe da – Vers 15 ist eines der feierlichsten Anatheme der Heiligen Schrift, das echo hoi kynes! ... den frommen Gemütern im Reformkomitee klingt das zu rauh, zu wenig kommunikativ – oder am Ende gar zu schockierend? ... Warum vertuscht man, daß es ‚Zauberei’ in der Welt gibt, nämlich dunkle Praktiken mit dämonischem Beistand, die den Seelen das Gift mischen? Warum diese prüde Scheu, von den ‚pornoi’ und ihrem Geschick zu reden, als ob das heute ein gar so unerklärbares Fremdwort wäre? Und gibt es vielleicht keinen mehr, der die Lüge liebte und übte? Wird hier nicht mit Schere und Kleister aus dem Gotteswort eine Botschaft gebastelt, wie sie den Ohren schmeichelt? ...
Aber die Bibel schlägt die, die so handeln, selber aufs Haupt. Und zwar unverzüglich. Denn wenige Zeilen weiter heißt es, Vers 18 und 19 – und man begreift sehr gut, daß nun auch sie dem Rotstift zum Opfer fallen-: „Ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand zu ihnen etwas hinzufügt, so wird Gott auf ihn die Plagen legen, von denen in diesem Buche geschrieben steht. Und wenn jemand von den Worten dieses Buches der Weissagung etwas wegnimmt, so wird Gott ihm seinen Anteil am Baume des Lebens und an der heiligen Stadt wegnehmen, von denen in diesem Buche geschrieben steht.“
... Wir ersehnen einen Feuerregen pfingstlicher Erleuchtung im Geist über die, die heute mit der Peitsche des Unverstands den mystischen Leib Christi geißeln.“"
S. 58-60, Eduard Kamenicky, Ruinen im Licht
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