Die infamen Briefe waren Pfarrgemeinderat (PGR) und Gemeindeleitung von Wurstelheim just vor einer Sitzung des PGR ausgeteilt worden, so dass die PGR-Mitglieder darauf drängten, das leidige Thema als zu diskutierenden Punkt in die Sitzung aufzunehmen. Zwar hielt Hochwürden Schlau das für eine unkluge Konzession an die subversiven Elemente, doch gab er schließlich dem Drängen des PGR-Vorsitzenden nach. Zumindest bot sich ihm hier die Möglichkeit, einige deutliche Worte über den anwesenden Unruhestifter, der kein Rederecht hatte, vorzutragen, und allen offenzulegen, dass hier mit übelster Verleumdung und unfairsten Methoden gearbeitet worden war.
In der abschließenden Debatte wurde noch einmal ausführlich erörtert, warum der Gottesdienst weder in der Kapelle des Altenheims noch in einem anderen Raum des Gemeindezentrums stattfinden konnte (s. Teil I dieses Artikels) Es wurde dann einstimmig beschieden, den Gottesdienst zurück in die Kirche zu verlegen, aber diese nicht zu heizen. Ein PGR-Mitglied schlug vor, die Gottesdienstbesucher könnten eingeladen werden, in den Bänken des Chorraumes zu sitzen, da sich das doch schon bei anderen Anlässen als recht gemütlich erwiesen habe. Des weiteren wurde dem Rosenkranzkreis wieder gestattet, die Gebete in der Kirche abzuhalten, allerdings unter der Auflage, sich nur auf der rechten Seite vorne zu versammeln, da nur hierfür Beleuchtung zur Verfügung gestellt werden könne.
Nun ist die Wurstelheimer Pfarrkirche weitgehend ein anachronistisches Gebilde, in dem noch inmitten eines mächtigen Hochaltares ein goldener Tabernakel mit reichlichen Verzierungen prangt. Zwar war schon mehrfach seitens Diakon Lenker darauf hingewiesen worden, dass dieses aus einer anderen Kirche vor Jahrzehnten übernommene Gebilde, schlicht und einfach nicht mit der anderen Braunnuance der beiden ebenfalls massiven Seitenaltäre übereinstimme und dieser Missstand dringender Bereinigung bedürfe. Man dürfe sich da nicht dadurch täuschen lassen, dass alle drei Objekte der Barockperiode zuzuordnen seien. Auch ein Spezialist des Ordinariates hatte bereits die Unstimmigkeit der Ausführung bei den Altären bestätigt. Dass der Missklang den kunstunverständigen Wurstelheimern bis dahin nie aufgefallen war, kann niemanden verwundern.
Rechts und links des Chorraumes, der mit mehreren Stufen gegen das Kirchenschiff abgehoben ist , befinden sich zwei alte Chorbänke, die jeweils etwa fünf Personen Platz bieten. Am Ende des Chorraumes, das dem Kirchenschiff am nächsten ist, steht der Volksaltar.
Als sich nun zur Werktagsmesse am nächsten Tag die Gottesdienstbesucher einfanden, hatte Hochwürden Schlau die Direktiven des PGR striktens umgesetzt. Den zögernd sich durch die dunkle Kirche nach vorne in den Lichtkreis vorne rechtsTastenden fiel zunächst auf, dass die Herrichtung des Altares ungewöhnlich war. Beabsichtigte Hochwürden Schlau künftig von der Zelebration versus populo Abstand zu nehmen?
Doch nein, kaum waren die Schlussgebete des Rosenkranzes verklungen, erging der Befehl sich in den Chorraum zu begeben, da jetzt auch das letzte Licht im Kirchenschiff erlöschen werde. Darum war der Altar für eine Zelebration von der anderen Seite gerichtet worden. Da die Anzahl der Versammelten jedoch um einiges mehr als zehn betrug, wurde die 75-jährige Küsterin, Frau Demuth, noch schnell beauftragt, zusätzliche Stühle herbeizutragen und mit Kissen zu bestücken. So konnte der gemütliche Gottesdienst im Chorraum begonnen werden.
Wie kaum anders zu erwarten, waren die ständigen Querulanten auch jetzt nicht zufrieden gestellt worden. Einige behaupteten, die fünf Stufen ohne Geländer zum Chorraum seien für ältere Menschen schwer zu bewältigen. Andere behaupteten, sie hätten den Text im Gesangbuch nicht lesen können. Wieder andere monierten, dass man dort oben keine Kniebänke habe. Und fast alle beklagten sich, es sei zu kalt. Als ob sie das nicht sich selbst hätten zuschreiben müssen. Hätten sie eben die Intrige gegen den unübertreffbaren Giebelraum des Pfarrzentrums verhindern sollen!
Mit eiserner Hand zog Hochwürden Schlau die Vorgaben des PGR, die er genauestens in dessen Geiste auslegte (mit dem Auslegen von Geistern besteht immerhin schon große Praxis seit den Tagen des Zweiten Vatikanischen Konzils), durch. Nicht ganz ohne gewisse Zugeständnisse. Nachdem er sich mehrfach im Messbuch verlesen hatte, erglommen einige Leuchten mehr. Fast wäre es ihm gelungen, hier eine Gemeinschaft zusammenzuschweißen, die wieder hätte wachsen können, doch auch hier wurden seine Pläne hintertrieben.
Mit zunehmender Tageslänge und damit zunehmender Helligkeit in der Kirche weigerte sich eine zunehmende Anzahl von Personen, die Stufen zu erklimmen und verblieb ohne Licht in den Bänken des Kirchenraumes, so dass das Nutzungsgebot für den Chorraum schließlich im Sommer aufgehoben wurde.
Natürlich mit desaströsen Folgen für die Anzahl der Kirchenbesucher, die im Laufe dieser Ereignisse weit unter den Dekanatsschnitt sank. Ein warnendes Beispiel, wie positive pastorale Ansätze durch böswillige Querulanten hintertrieben werden können.
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