Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Freitag, 19. November 2010

Lenins Erbe: real existierende kirchliche Wirklichkeit in Deutschland



Alexander Solschenizyn hat ein Mammutwerk geschrieben. Ich bin mir nicht sicher, ob er es vollendet hat. Es heißt das Rote Rad, und ich habe nach Band III kapituliert. Nicht nur weil die Bände immer dicker wurden, sondern auch, weil es mich ziemlich mitnahm diese Chronik zu lesen, wie sich Russland durch detailliert dokumentierte Entscheidungen Einzelner in die Hände des Bolschewismus begab und einer nach dem anderen fast jeder ehrenhafte gute und gläubige Mensch verkam oder brutal eliminiert wurde. Irgendwann war es auch nur noch immer mehr desselben und mit wieviel Massenmord das schließlich ausging, ist ja bekannt.

Nun haben Einzelne ja schon öfters darauf hingewiesen, dass die deutsche katholische Kirche eine gewisse Vorliebe für sozialistisch-kommunistisch-bolschewistische Bezeichnungen zu haben scheint: Räte allüberall, Ausschüsse, Kommittees bis hin zu einem Zentralkommittee, das in etwa so demokratisch gewählt ist wie das chinesische oder ehemals das sowjetische.

Aber wer sich die Mühe macht, die ersten zwei Bände von Solschenizyns Rotem Rad zu lesen, wird noch weitere Parallelen feststellen können. Beunruhigende Parallelen, meiner Meinung nach.

Damals in Russland meinten es auch so ziemlich alle gut. (Bekanntlicherweise ist ja auch der Weg zur Hölle mit guten Intentionen bepflastert.) Es gab eine Monarchie, und die Monarchen hatten Fehler gemacht und machten auch sicherhin weiterhin welche bei ihrem Bemühen, die Menschen gut zu regieren. Der damalige Zar samt seiner ganzen Familie war alles andere als ein blutdürstiger Tyrann. Es waren zahlreiche Konzessionen in Richtung demokratischere Strukturen gemacht worden. Es gab eine Vielzahl von Parteien, die begeistert mit den relativ neuen Mitteln der Demokratie experimentierten. Und während das Land unter internen Auseinandersetzungen eine modernere Regierungsform suchte, war es auch in einen Krieg an vielen Fronten mit schweren Verlusten verwickelt.

Nun waren schon andere Länder durch einen ähnlichen Prozess gegangen, und es hatte gewöhnlich dazu geführt, dass die eher bürgerlichen Kräfte auf Dauer zum Durchbruch kamen und Regierungsformen, die durchaus unterschiedlich waren, hier der alten Monarchie noch einen eindeutigen Platz einräumten, dort die rein demokratischen Strukturen über alles stellten. Aber überall war es nicht der Sozialismus gewesen, der sich halten konnte. Und hier kommt Lenin ins Spiel.

Lenin zu lesen ist mühsam und unerfreulich, aber es gab eines, das er exakt durchschaut hatte: die Dynamiken der Demokratie und wie man sie nutzen kann, um (mit Hartnäckigkeit und Ruchlosigkeit) sie dahingehend zu manipulieren, dass sich immer nur das eine angestrebte Ergebnis erreichen lässt.

Diese von Lenin entwickelte und mit viel Mühe seinen Gesinnesgenossen vermittelte Strategie ist im Grunde sehr einfach und erscheint zunächst kontraproduktiv, aber sie ist sehr gut durchdacht und effektiv. Es braucht nämlich nur eine Handvoll Entschlossener, um ihr zum Durchbruch zu verhelfen. Gleichgültig wie groß die Mehrheit ist, gegen die vorgegangen wird. Und natürlich vorausgesetzt, dass niemand durchschaut, was hier getan wird. Es ist eine Strategie, die man auch nur verfolgen kann, wenn der Zweck jedes Mittel heiligt, denn moralische Bedenken sind nicht mit ihr vereinbar.

Also. Man gründe eine Splittergruppe, die die extremsten Ansichten vertritt, die noch vertreten werden können und dabei noch die Möglichkeit offen lassen, dass auch andere sich davon angezogen fühlen, weil es ihrem eigenen Denken nahe steht. In einer Demokratie muss jeder Gehör finden und wenn die kleine Gruppe es nur laut und oft genug fordert, wird sie es und es werden sich ihr andere anschließen. Diese werden die Gesamtgruppe zu etwas gemäßigterem Vorgehen drängen wollen. Genau das ist beabsichtigt. Denn dieses „gemäßigtere“ Vorgehen wird immer noch radikal jenseits jeder bisheriger Mäßigung sein, andererseits gibt es der ursprünglichen Splittergruppe einen Anlass, mehr Radikalität zu fordern und sich wieder abzuspalten. Das kann beliebig wiederholt werden.  Damit erreicht man auch, dass die erste Abspaltung, die ursprünglich als sehr radikal galt und die ihre Haltung in nichts geändert hat, plötzlich als gemäßigt betrachtet wird, da es jenseits von ihr in mehreren Abstufungen noch mehr Radikalität gibt. – Man betrachte die Geschichte der Schweizer Sozialisten zur Zeit Lenins und das Prinzip wird klar erkennbar.

Nun hat aber die Schweiz eine sehr alte funktionierende Basisdemokratie und der Masse der Bevölkerung war die politische Korrektheit ziemlich schnurz. Die Bürger und Bauern waren nicht daran interessiert, alles umzustürzen und daran begann Lenins kluges Projekt zu scheitern. Da eröffnete sich ein fruchtbareres Feld: Russland. Ein Ort, an dem die Mehrheit der Bevölkerung nicht viel Erfahrung mit Basisdemokratie hatte und die leicht durch Versprechungen – deren Einhaltung nie beabsichtigt war – zu ködern war; wo viele Nöte bestanden, die Abhilfe brauchten. In Russland ließen sich die bürgerlichen und konservativen Parteien immer weiter radikalisieren (ihrer Sehnsucht folgend, wirklich das Volk zu vertreten) und die wenigen, die sich dem zu widersetzen versuchten, wurden scharf mit Worten attackiert und der Lächerlichkeit preisgegeben. Ein sehr wirksames Mittel. Die Angst verlacht zu werden, treibt oft dazu sich auf Dinge einzulassen, von denen man bei klarem Verstand fernbleiben würde.

Um das auf das hier in erster Linie diskutierte Thema zurückzuführen: Angeblich sollte der real existierende und in den Kommunismus mündende Sozialismus eine freie gleichberechtigte Menschheit schaffen, stattdessen war die Mehrheit nur der Nährboden für die Funktionäre, die sich als deren Vertreter bezeichneten. Wenn ich nun z.B. diese merkwürdigen Forderungen nach mehr Macht für „die Laien“ höre, die ich gestern erörterte, und die real existierenden Gegebenheiten betrachte, scheint mir, dass das Muster voll zutrifft: Gleichberechtigung für alle wird offiziell verlangt, angestrebt wird Machtübernahme für Einzelne, die – obwohl mehr oder weniger selbst ernannt – behaupten, alle zu repräsentieren

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