Ich bin auch mit der nachkonziliaren Form aufgewachsen, und zu was für seltsamen Schlüssen man dabei gelangte, zum Beispiel, dass man zur Gabenbereitung jedes x-beliebige Lied singen kann, weil sie liturgisch anscheinend belanglos ist oder dass zwar das Evangelium aus den Evangelien sein muss, aber die anderen Lesungen beliebig durch andere Texte ersetzbar sind. Ich könnte da noch viel aufzählen. Es war dann immer gar nicht einfach zu akzeptieren, dass es so gar nicht richtig ist, wenn jemand später darauf hinwies. Schließlich hatten es doch alle immer so gemacht, behauptete meine Erinnerung.
Meine Begegnung mit der alten Messe begann geheimnisvoll und kam völlig unerwartet. Ich war mit meiner Kusine in München unterwegs. Dabei begegnete uns in der Innenstadt jemand, der sehr ungewöhnlich begleitet war, wie aus einem anderen Jahrhundert. Er trug ein schickes schwarzes Cape und hatte es eilig. Wir folgten weniger eilig in die gleiche Richtung und besuchten zuerst St. Michael, um dann noch einen Blick in St. Peter zu werfen, und trafen mitten während einer lateinischen Messe ein. Hierhin war der seltsame Unbekannte geeilt, da waren noch mehr ähnlich Bekleidete.
Meine Kusine wohnte in einem Haus, das einmal einem alten Pfarrer gehört hatte. Sie hatte einmal ein Buch gefunden, in dem in Sütterlinschrift der Ablauf der Messe beschrieben war, und wir hatten das bei einer unserer nächtlichen Sitzungen mit Tee durchgelesen. Es war etwas fremdartig – nicht nur wegen der Sütterlinschrift -, aber auch spannend. So also sah die Messe richtig aus. Irgendwie war uns klar, dass bei dem, das wir kannten, das ein oder andere nicht war, wie es sein sollte, aber dass es dafür wohl irgendwelche wichtigen Gründe gab. Es sollte der Gemeinde helfen, alles besser zu verstehen, hatte ich einmal gehört. – Aufgrund jener Lektüre erkannten wir sofort, von was wir gerade Zeuge wurden.
Meine Kusine interessierte es weniger, aber ich wollte unbedingt bleiben und konnte es nie mehr vergessen. Jahrelang habe ich gesucht, wo es denn auch so eine Messe gebe, denn ich wohne weit weg von München. Ich hielt Ausschau in unserem Bistumssitz – Fehlanzeige. Studium der Gottesdienstpläne in anderen Städten – einfach nichts. Ich befragte Eltern und Bekannte, keiner wusste etwas zum Thema.
Ich hatte nie etwas davon gehört, dass diese Form der Messe geradezu verboten sei. Ich wusste nichts, von dem Streit über die Messformen. Ich wollte nur gelegentlich einmal noch bei so einer faszinierenden Messe dabei sein. Auf das Latein hören (ich mag Latein), über das Feierliche staunen (es war irgendwie überirdisch gewesen) und mehr davon richtig verstehen. Ich habe sogar unsere Organistin und andere Insider befragt. Die guckten komisch und antworteten Dinge, von denen ich inzwischen weiß, dass ich gar nicht verstehen konnte, was sie heißen sollten, weil ich keine Ahnung hatte, von was sie redeten, während sie dachten, ich wüsste da mehr, als ich tatsächlich wusste.
Ich habe die ganzen Hintergründe erst vor etwa sechs Jahren erfahren. Verstehen konnte ich es da immer noch nicht. Aber zumindest erklärte es, warum ich diese Messe nicht hatte wiederfinden können. Jetzt gibt es wieder eine regelmäßige in der Stadt. Ich habe selten Gelegenheit, dorthin zu gehen. U.a. weil sie zeitlich parallel zur Frühmesse in meiner Pfarrei liegt, und der Pfarrer hier ganz erpicht ist, die Frühmesse wegen mangelnder Besucherstrahl zu streichen.
Aber eines ist mir schon aufgefallen. Bei der alten Messe kann ich mich besser auf die Liturgie konzentrieren, bin immer noch fasziniert und bin voller innerem Frieden, wenn ich nach Hause gehe. Bei der Messe in der Pfarrei zuhause ist Konzentration sehr schwierig und ich gehe meistens etwas niedergeschlagen nach Hause.
Das ist natürlich eine ganz individuelle Empfindung. Meiner Kusine hat bei gleichem Erlebnis die alte Messe nichts bedeutet. Aber ich frage mich oft, wieviele andere nicht doch auch, überrascht und fasziniert wären, wenn sie die Chance erhielten, die alte Messe wirklich kennenzulernen. Einfach so, ohne Vorverurteilungen, wie sie üblich sind.
Ich erinnere mich noch an meine Großtante, welche eigentlich täglich die Hl. Messe besuchte und das Tabernakel in unserer Kirche gestiftet hatte, die einmal nach der von mir "gestalteten" Vesper meinte, Latein sei doch verboten (Hymnus und Magnificat waren auf Latein).
AntwortenLöschenErstens:
AntwortenLöschenSehr wahr und gut geschrieben! Danke.
Zweitens:
Darf ich dich zur Beteiligung an diesem Projekt einladen?
http://sensuumdefectui.blogspot.com/2010/11/papst-benedikt-kommt-nach-deutschland.html